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Brandenburg: Kerstin Kaiser-Nicht: "Ich habe nicht in Spitzelrolle gelebt"

Man spürt, Kerstin Kaiser-Nicht hat sich mit ihrer inoffiziellen Mitarbeit für die Stasi auseinandergesetzt. Zeit dazu hatte sie, seit sie 1994 ihr Bundestags-Mandat unter Druck der eigenen Fraktion niederlegen musste.

Man spürt, Kerstin Kaiser-Nicht hat sich mit ihrer inoffiziellen Mitarbeit für die Stasi auseinandergesetzt. Zeit dazu hatte sie, seit sie 1994 ihr Bundestags-Mandat unter Druck der eigenen Fraktion niederlegen musste. Ruhig, souverän, routiniert beantwortet die 40-jährige, die inzwischen zu den wichtigsten Köpfen der PDS-Landtagsfraktion zählt, alle Fragen. Aber an einer Stelle zuckt sie zusammen: Was ausgerechnet einen Ex-Stasi-Spitzel qualifizieren soll, den Verfassungsschutz zu kontrollieren? "Das Wort Stasi-Spitzel lasse ich nicht stehen", entgegnet sie leicht gereizt. "Ich habe nicht in einer Spitzelrolle gelebt und nur berichtet, was öffentlich war."

Ganz so harmlos war es nicht: Als Slawistik-Studentin in Leningrad hat Kaiser Nicht vier Jahre lang Kommilitonen bei der Stasi angeschwärzt: Weil sie Westkontakte besaßen, "keinen gefestigten Standpunkt" hatten, sich "nachlässig kleideten", Nickis "auf bloßer Haut" trugen, "egoistisch und arrogant" waren. Klassisches Denunziantentum also. Kaiser-Nicht nimmt das Wort nicht in den Mund, distanziert sich aber von ihrem früheren Tun: Es sei ein Fehler, ein Vergehen gewesen: "Ich hatte nicht das Recht, über andere ohne deren Wissen Bewertungen abzugeben". Dennoch sieht sie sich für eine Mitarbeit in der Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK), die den Verfassungsschutz kontrolliert, legitimiert: Sie habe aus ihren Fehlern gelernt.

Auch sei ihr Verhältnis zum Verfassungsschutz nicht gestört. Will sie ihn abschaffen, wie andere PDS-Politiker? Nach einer Denkpause die Antwort: "Er ist eine Realität, die ich im Augenblick nicht in Frage stelle." Es gebe noch eine zusätzliche Legitimation für Kaiser-Nicht, wirft PDS-Fraktionsgeschäftsführer Heinz Vietze ein: Sie sei 1999 mit einem der besten Wahlergebnisse direkt in den Landtag gewählt worden. Wenn Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) der PKK jetzt Konsequenzen für die Zusammenarbeit androhe, zeuge das von "einem Nachholbedarf in demokratischen Gepflogenheiten", so Vietze. "Würde er der PKK Informationen vorenthalten, wäre das eine Verletzung gesetzlicher Pflichten."

Die PDS will es offensichtlich auf eine Machtprobe mit Schönbohm ankommen lassen, nachdem die SPD Zustimmung signalisierte.

Michael Mara

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