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Brandenburg: Klagewelle gegen Zwangsfusion gefährdet Landtagwahlen

Verfassungsgerichtspräsident über Folgen der Gemeindereform

Potsdam. Brandenburgs Verfassungsgericht stellt sich auf eine Klagewelle gegen die beabsichtigten Zwangszusammenschlüsse von Kleingemeinden im kommenden Jahr ein. Welche Auswirkungen die Verfassungsbeschwerden auf die Kommunalwahlen im Herbst 2003 haben werden, ist nach Angaben von Gerichtspräsident Peter Macke „derzeit nicht absehbar". Nicht auszuschließen sei, dass man in betroffenen Kommunen die Wahlen „aussetzen“ müsse. „Nicht festlegen“ wollte sich Macke, ob möglicherweise die gesamte Kommunalwahl verschoben werden müsse. Es könne sein, dass von der Zwangsfusion betroffene Kommunen versuchen werden, die Wahlen auf dem Wege der einstweiligen Anordnung zu verhindern. Er könne nicht im Voraus sagen, wie das Verfassungsgericht dann entscheiden werde. Zunächst müsse abgewartet werden, „worauf die Anträge zielen".

Das Innenministerium erklärte dazu, es gebe für eine Verschiebung der Kommunalwahlen keine Hinweise. Man beteilige sich nicht an Spekulationen. Allerdings rechnet man auch dort mit Klagen betroffener Gemeinden. Karsten Kuhl, Präsident des Gemeindetages, geht davon aus, dass fast alle der rund 300 von der Zwangsfusion betroffenen Gemeinden vor das Verfassungsgericht ziehen werden. Rund 100 hätten bereits entsprechende Beschlüsse gefasst. Kuhl forderte mit Blick auf die Kommunalwahlen, die Gemeindereform mit dem jetzigen Stand abzuschließen und auf Zwangsfusionen zu verzichten. „Das Chaos ist schon jetzt groß genug und würde durch massenhafte Klagen beim Verfassungsgericht noch größer werden.“ Macke ließ offen, ob das Verfassungsgericht die erwartete Beschwerdeflut bis zum Wahltermin bewältigen kann. „Wir können uns nicht unter Druck setzen lassen", sagte der Präsident. Das Gericht müsse in jedem einzelnen Fall „richtig entscheiden". Nach Angaben Mackes hat das aus neun ehrenamtlichen Richtern bestehende Verfassungsgericht schon jetzt mit einer sprunghaft gestiegenen Zahl von Verfahren zu tun: In der Vergangenheit seien jährlich rund 60 verhandelt worden, in diesem Jahr werde man auf 120 Verfahren kommen. Macke sprach von einer „erheblichen Belastung der Verfassungsrichter". Wenn das so weitergehe, müsse man überlegen, ob man die Zahl der Richter auf zwölf erhöhe und in zwei Kammern untergliedere.

Michael Mara

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