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Brandenburg: Klein, robust, geländegängig

Islandpferde sind in den letzten Jahren in Brandenburg immer beliebter geworden Mittlerweile gibt es 16 Höfe für diese Rasse – auch Beggi Eggertsson, der „Reiter des Jahres“, betreibt einen

Beelitz - Wer den frisch gekürten „Reiter des Jahres“ von Island sprechen will, kann sich den Weg auf die Insel im Norden sparen. Nicht einmal eine Stunde dauert die Fahrt vom Berliner Zentrum zum Domizil des Preisträgers. Im kleinen Schönefeld, einem Ortsteil der Spargelstadt Beelitz und nicht mit dem Flughafenstandort zu verwechseln, betreibt Beggi Eggertsson mit seiner Frau Vicky seit Kurzem einen Hof mit Islandpferden. Zehn eigene Vertreter der vergleichsweise kleinwüchsigen, robusten und anhänglichen Tiere sowie 60 Pensionspferde anderer Eigentümer sind hier untergebracht.

Der 34-jährige gelernte Zimmermann lächelt über die Auszeichnung. „Das habe ich vor allem ‚Lotus’ zu verdanken“, sagt er und macht sich auf den Weg in den Stall. Da hätten wohl die sonst so strengen Landsleute nicht widersprechen können und ausgerechnet einem „Auswanderer“ den Titel verliehen. Gewöhnlich treffe die Ehrung einen Inselbewohner. Aber immerhin startete Eggertsson, der seit 1997 in Deutschland lebt, seine isländische Staatsbürgerschaft aber behalten hat, bei Weltmeisterschaften für die isländische Nationalmannschaft. Auch diesen Titel hat er bereits zwei Mal gewonnen. Die 100 Meter schaffte er mit Lotus in 7,25 Sekunden, die 250 Meter in 21,43 Sekunden. Die Werte liegen jeweils nur knapp unter den bestehenden Weltrekorden.

Seit seiner Kindheit schätzt Beggi Eggertsson die Vorteile der nur 1,30 bis 1,45 Meter großen Tiere. „Sie stehen das ganze Jahr im Freien, besitzen eine robuste Gesundheit und sind zutraulich“, sagt er. Das sei gerade für Kinder ideal. Diese kämen – auch aus Berlin – besonders gern zum Reiten. Darüber hinaus besitzen Isländer neben den Grundgangarten Schritt, Trab und Galopp noch die angeborenen Gangarten Tölt und Pass. Beim Tölt spürt der Reiter fast überhaupt keine Erschütterungen, sodass sich Islandpferde bestens für Wanderritte eignen. Auch das seien gute Eigenschaften für die Weiten der Mark, erzählt Eggertsson, der hier sein Hobby zum Beruf gemacht hat.

Genau wie ein Hochleistungssportler muss der Wallach Lotus für die Wettkämpfe täglich viel trainieren. Da kommt pro Tag leicht eine 30 Kilometer lange Wegstrecke zusammen. In Skandinavien stärken die besten Pferde ihre Kondition sogar in großen Schwimmbassins. Von so einer Anlage im märkischen Sand kann Eggertsson derzeit aber nur träumen – und auch seine ausgezeichneten Erbanlagen kann Lotus, der einst als Geburtstagsgeschenk seiner Frau in die Hände des zweifachen Weltmeisters gelangt war, nicht weitergeben. „Man hat ihn schon im Alter von vier Jahren kastriert“, erzählt Beggi Eggertsson und schüttelt dabei den Kopf. Aber zumindest als Namensgeber für den Hof sei Lotus, dessen Kaufpreis zwischen 40 000 und 50 000 Euro liegt, unsterblich geworden.

Derzeit bereiten sich die Eggertssons auf einen großen Wettkampf ganz in der Nähe vor. Am 8. März nächsten Jahres findet im Horst-Dom-Stadion in Berlin-Wilmersdorf die dritte Europameisterschaft der Islandpferde auf Eis statt. Zur „Ice horse 2008“ werden rund 100 Teilnehmer erwartet. „Allerdings ist die Teilnahme der besten isländischen Reiter gar nicht so selbstverständlich, wie es klingen mag“, erklärt Cheforganisator Bernhard Fliß. „Die strengen Hygienevorschriften erlauben aus Angst vor Tierseuchen keine Einfuhr von Pferden nach Island.“ Ein von der Insel einreisender Teilnehmer dürfe sein Pferd also nicht wieder mit nach Hause zurücknehmen, sondern müsse es nach dem Wettbewerb verkaufen. Viele Sportler würden deshalb auf die Angebote der Islandpferdehöfe außerhalb des Landes zurückgreifen.

An Angeboten und damit auch an Konkurrenz herrscht gerade in Berlin und im Umland kein Mangel. 16 Islandpferdehöfe mit durchschnittlich 50 Tieren werden hier gezählt. Dazu kommen Anlagen mit wenigen „Isländern“. Dabei begann der Boom in Ostdeutschland erst nach der Wiedervereinigung – konnten die DDR-Staatsfunktionäre doch mit den „Exoten“ nichts anfangen. Sie brachten weder Punkte bei Olympischen Spielen, noch Devisen beim Verkauf.

Mittlerweile gibt es in Deutschland rund 55 000 Islandpferde. Das sind nur rund 15 000 weniger als in ihrer heutigen Heimat, in die sie vor mehr als 1000 Jahren mit Wikingerschiffen aus Norwegen gelangten. Und auch dort besitzen sie eine besondere Anziehungskraft auf die Menschen. „Die Pferde sind für Touristen fast so interessant wie die Geysire“, sagt der isländische Botschafter Olafur Davidsson.

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