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Brandenburg: Kleines Dorf will große Schau

In Altdöbern leben nur 3300 Einwohner – dennoch will der Ort die Landesgartenschau 2009 ausrichten

Von Sandra Dassler

Altdöbern - „Man hat den Eindruck, als ginge es um die Austragung der Olympischen Spiele und nicht um eine Landesgartenschau“, sagt Jens-Uwe Schade. In der vergangenen Woche hatte der Sprecher des brandenburgischen Landwirtschaftsministeriums jede Menge Arbeit, weil Gerüchte umliefen, die Arbeitsgruppe für die Austragung der Landesgartenschau 2009 habe sich schon entschieden, und zwar für Oranienburg. Nein, nein, erklärte Schade allen Fragern, verbindlich sei nichts, die Entscheidung werde im Kabinett gefällt – vielleicht am 21. Dezember, spätestens bis zum Beginn der Grünen Woche Ende Januar in Berlin.

Man sieht: Das Interesse an der Landesgartenschau – allgemein nur „Laga“ genannt – ist so groß wie nie zuvor, und nach der Richtigstellung des Ministeriumssprechers schöpften auch die 3300 Einwohner von Altdöbern wieder Hoffnung. Die Gemeinde etwa 50 Kilometer südlich von Cottbus ist einer der elf Bewerber um die Laga 2009. Auf den ersten Blick erscheint das etwas größenwahnsinnig. Noch nie hat eine Gemeinde eine Landesgartenschau organisiert – und zu den Konkurrenten gehören immerhin Städte wie Werder, Prenzlau oder Neuruppin.

Aber die Altdöberner haben sich vorgenommen, den Rest des Landes und möglichst auch viele Berliner in fünf Jahren bei sich begrüßen zu können. Früher zog es die Hauptstädter schließlich auch in die Niederlausitz, erzählt Bürgermeister Rolf Bernstein. So hatte der Berliner „Zigarettenkönig“ Josef Garbaty vor etwa 100 Jahren das zur Blütezeit des Sächsischen Barock im 18. Jahrhundert erbaute Schloss mit dem später von einem Schüler des berühmten Landschaftsarchitekten Hermann Fürst von Pückler-Muskau angelegten Park erworben. Heute gehört das Anwesen nebst 60 Hektar großem Park mit französischem Garten, Orangerie, Salzteich und Rhododendronhainen der Brandenburgischen Schlössergesellschaft. Geschäftsführer Wolfgang Illner hält es für eines der zehn schönsten Schlösser im Land. „Wir sind gerade dabei, es umfassend zu sanieren.“

Über die Bewerbung freuen sich auch die Organisatoren der Internationalen Bauausstellung (IBA) „Fürst-Pückler- Land“. Schließlich, so argumentieren sie, gehe die IBA im Jahr 2010 zu Ende. Da wäre es doch schön, wenn sie zuvor noch eine Landesgartenschau auf ihrem Territorium integrieren könnte. Zwar unterstützt die IBA auch die Bewerbungen von Lauchhammer und Lübbenau, da beide Städte ebenfalls im Fürst-Pückler-Land liegen. Altdöbern eigne sich aber besonders gut als Austragungsort, weil der Ort auch die „Heilung“ der von den riesigen Baggern geschundenen Lausitzer Landschaft symbolisiert: Seit Kriegsende fraß der Braunkohletagebau die Landschaft ringsum Stück für Stück auf, ganze Dörfer verschwanden von der Landkarte. Noch heute wird im Tagebau Welzow-Süd gearbeitet, doch für die Umgebung Altdöberns hat die Zeit nach der Kohle begonnen. Aus einem anderen früheren Tagebau wird der Altdöberner See, auf dem Gräbendorfer See nebenan sollen schon ab dem kommenden Jahr schwimmende Häuser – auch ein IBA-Projekt – zu bewundern sein.

Das Logo „Übers Wasser gehen“, das sich die Altdöberner für ihre Laga ausgedacht haben, ist daher sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinne gemeint. „Es geht nicht nur um eine Blümchenschau, sondern um die Versöhnung mit der zerschundenen Natur – um den Brückenschlag zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft“, sagt Bürgermeister Rolf Bernstein mit Pathos. Die Chancen der Gemeinde für die Ausrichtung der Laga sieht er gleichwohl eher nüchtern: „Wir haben ein tragfähiges Konzept. Das Amt Altdöbern, die Städte Vetschau und Drebkau unterstützen uns, und alle 3300 Einwohner sind bereit, sich zu engagieren. Vielleicht überzeugt das die Minister. Vielleicht haben wir Glück.“

Glück hat Altdöbern schließlich schon öfter gehabt, meint er. Sogar die Russen haben es zum Ende des Krieges verschont, während anderswo in der Lausitz so vieles zerstört wurde. Dass die Gemeinde keinem Beschuss ausgesetzt wurde, lag nach Ansicht der einen an der schwedischen Fahne, die damals über dem Schloss wehte. Seit 1943 befand sich hier die aus Berlin ausgelagerte schwedische Botschaft. Andere sind dagegen überzeugt, dass die Zurückhaltung der Roten Armee an einem ganz anderen Gebäude in Altdöbern lag – der Schnapsfabrik.

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