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Klimapolitik: Strom aus dem Erdboden

Ein neues Kraftwerk soll in Finowfurt natürliche Wärme zur Stromerzeugung nutzen. Doch die Finanzkrise erschwert die Investorensuche.

Würde man mit einem Fahrstuhl in den Brandenburger Erdboden fahren, könnte man an einem Thermometer die Tiefe ablesen. Alle 30 Meter erhöhe sich die Temperatur durchschnittlich um ein Grad, sagt Werner Stackebrandt, Chefgeologe beim Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe.

Die Essener Firma Enro Geothermie mit Außenstelle in Ludwigsfelde will das jetzt ausnutzen. Unter einem Gewerbegebiet in Finowfurt will sie bis in viereinhalb Kilometer Tiefe bohren. Dann soll durch das dort 150 Grad heiße Gestein Wasser zirkulieren und an der Oberfläche Heizungen sowie ein Stromkraftwerk speisen. Von großem Wert sind dabei über 20 Jahre alte Erkenntnisse. Der Barnimer Untergrund sei sehr gut erkundet, sagt Thomas Neu, Geschäftsführer des Essener Unternehmens, das 24 Ingenieure beschäftigt. „Schon zu DDR-Zeiten haben Ingenieure etliche sogenannte Explorationsbohrungen durchgeführt, um nach möglichen Erdgas- oder Erdöllagerstätten zu suchen.“

Fünf Anlagen mit jeweils vier Bohrungen will die Firma Enro errichten. Drei bis vier Monate könne es jedes Mal dauern, bis das diamantbesetzte Schneidwerkzeug in viereinhalb Kilometern Tiefe ankommen wird – im Schnitt mit einer Geschwindigkeit von circa 1,80 Meter pro Stunde. Zusammen mit dem Kraftwerksbau, so die Hoffnung bei Enro, könnte die erste Anlage Ende 2010 in Betrieb gehen.

„Alles steht und fällt jedoch mit der Finanzierung“, räumt Neu ein. 120 Millionen Euro wird die erste Anlage kosten. Gesamtinvestition für alle fünf Löcher, so schätzt der gelernte Bergbauingenieur: 450 Millionen Euro. Eigentlich hatte sich eine Investorengruppe aus Boston hinter die Anlage im Barnim gestellt. „Wegen der Finanzkrise ist das Projekt allerdings wieder ins Wanken geraten.“ Thomas Neu ist optimistisch, dass sich die Amerikaner doch noch für die Finanzierung entscheiden. „Im schlimmsten Fall findet der Anpfiff später statt.“

Auch Hilfe aus dem Konjunkturpaket der Bundesregierung schließt Thomas Neu für das Geothermieprojekt nicht aus. Von anderer staatlicher Seite rechnet er nicht mit Unterstützung. Das EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz), das stabile Abnahmepreise für die kommenden 20 Jahre garantiert, sei schließlich schon eine Subvention vom Staat.

Landes-Chefgeologe Stackebrandt schätzt, dass man in Brandenburg mit der Geothermie jetzt so weit ist, wie mit der Windenergie vor acht Jahren. Und auch im Wirtschaftsministerium des Landes weiß man, dass sich der Untergrund hervorragend für Geothermie eignet, die Technologie zur Wärmegewinnung aber noch nicht perfektioniert ist. Thomas Neu würde die Entwicklung gerne beschleunigen. Immerhin: Seinen Worten zufolge ersetzt ein Geothermie-Kraftwerk rein rechnerisch acht neue Windkraftanlagen. Andreas Wilhelm

Andreas Wilhelm

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