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Koalition: Weg für Rot-Rot in Brandenburg frei

Linke stimmten letztlich doch mit großer Mehrheit für die neue Koalition. Zustimmung auch bei der SPD.

Altlandsberg/Strausberg – Kurz vor der geplanten Wiederwahl von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) gerät Brandenburgs rot-rotes Bündnis erneut in Turbulenzen. Zwar stimmte die SPD am Mittwochabend auf einem Sonderparteitag in Altlandsberg den Koalitionsvertrag mit großer Mehrheit ab. Bei 131 Delegierten gab es nur 14 Gegenstimmen (7 Enthaltungen). Dafür wurde aber der Linke-Landesparteitag im nahen Strausberg für die Landesspitze zur Zitterpartie. Dann aber votierten nach einer turbulenten Debatte sogar 124 Linke für und 15 gegen den Koalitionsvertrag – bei fünf Enthaltungen.

Bundestagsfraktionschef Gregor Gysi sprach sich zwar für die Annahme des 55-Seiten-Vertragswerks aus. Doch „auch im Namen von Oskar Lafontaine“ und gegen den Willen von Fraktionschefin Kerstin Kaiser forderte Gysi zugleich einen Zusatzbeschluss, in dem die Linke-Fraktion im Landtag aufgefordert werden soll, keinen weiteren Personalabbau bei Polizei, Lehrern, Hochschulen und Sozialem zuzulassen. Und Bundeschef Lothar Bisky wies auf Rückwirkungen auf die bevorstehenden Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen hin. Dagegen äußerte Fraktionschefin Kerstin Kaiser zwar Verständnis für Enttäuschungen, verteidigte aber den „ausgewogenen Kompromiss“. Kaiser verwies auf Einigungen mit der SPD etwa zum Vergabegesetz, zum Mindestlohn, aber auch in der Bildungspolitik. „Entscheidend ist die Richtung“, betonte Kaiser. Es gehe „um den Anfang oder das Ende linker gestaltender Politik“. Mit einem leidenschaftlichen Auftritt riss Heinz Vietze, das frühere Schwergewicht der Partei, die Stimmung endgültig für Rot-Rot herum.

Während bei den Linken die Wogen bis in die Nacht hochschlugen, von der durch Gysi noch ermunterten Basis massive Kritik am Koalitionsvertrag geübt, vor Glaubwürdigkeitsverlusten gewarnt, eine Mitgliederbefragung gefordert wurde, ging der SPD-Parteitag trotz Unruhe im Vorfeld am Ende reibungslos über die Bühne. Zuvor hatte Frank-Walter Steinmeier, SPD-Fraktionschef im Bundestag, Platzeck volle Rückendeckung für Rot-Rot gegeben. Mit Blick auf aufgewühlte Debatten auch in der SPD sagte Steinmeier: Platzeck biete Gewähr dafür, dass „keine DDR-Nostalgie ausbricht“, dass erfolgreiche SPD-Politik „nicht auf den Altären von Geschichtsverdrängung und Populismus“ geopfert werde. Zu bundespolitischen Wirkungen äußerte er sich nicht.

In einer Grundsatzrede verteidigte Platzeck Rot-Rot als „Chance für Brandenburg“ und bekräftigte den Führungsanspruch der SPD. „Wir werden die Mitte der Gesellschaft nicht räumen.“ Rot-Rot sei „kein historisches Projekt“, es werde kein Schlussstrich unter die Aufarbeitung der DDR-Diktatur gezogen. Mit Blick auf Stasi-Verstrickungen führender Linke-Politiker sagte Platzeck: Man könne aus „Fehlern und Irrwegen lernen“. Es gehöre zur freiheitlichen Demokratie, nicht mehr in Freund-Feind-Kategorien einer Diktatur zu denken. Mit Blick auf die Linken, bislang in der Opposition, sagte er: Wer Verantwortung übernehme, könne „nicht nach Herzenslust Mehrausgaben fordern“. Dagegen äußerte sich der SPD-Chef kritisch zum Zustand der CDU, mit der die SPD seit 1999 regierte. Sie sei strukturell im Land schwach verankert, intern „tief zerrissen“ und habe trotz Rückenwind der Bundespartei, bei der Wahl nicht die 20-Prozent-Marke geschafft. Niemand wisse, wer als nächstes das Zepter an sich reiße, so Platzeck. Eine in sich zerstrittene CDU, eine rot-schwarze Mehrheit von 5 Mandaten sind kein „Fundament für eine stabile Regierung“. Zudem wäre Brandenburg „gefährlich eng“ ins Fahrwasser der schwarz-gelben Koalition im Bund gekommen.

Kritik an Rot-Rot übten nur einzelne Redner. Niemand wäre auf die Idee gekommen, die DVU in die Regierung zu holen, warnte Ex-Landrat Wolfgang Ilte. Noch dominierten Hardliner die Linke: „Es sind nicht ein paar Versprengte.“

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