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Kommentar: Heuchlerisches Gezeter

Sandra Dassler hat Hoffnung für bevölkerungsarme Landstriche und kritisiert die Forderungen der Politiker.

Nyksund in Nordnorwegen war ein blühendes Fischerdorf mit jahrhundertealter Tradition. Weil der Fischereibetrieb über die norwegische Küste auf viele kleine Dörfer verteilt war, wurde dem Staat die Unterhaltung zu teuer. 1972 siedelte er die Nyksunder mit finanzieller Hilfe um. So etwas wird auch in Brandenburg geschehen, selbst wenn es viele nicht wahrhaben wollen. Die Zahlen, die jetzt Berliner Wissenschaftler vorlegten, sind dramatisch: Bis 2050 wird die Bevölkerung von heute mehr als 2,5 Millionen Menschen auf 1,8 Millionen schrumpfen. Und wenn die alten Märker noch so sehr an ihrer Scholle hängen, die jüngeren entscheiden pragmatisch, wie und wo sie leben wollen.

Deshalb ist das Gezeter der Politiker wegen der sogenannten Wegzugsprämien heuchlerisch und lähmend. Heuchlerisch, weil die Landespolitik de facto längst die sogenannten Randgebiete aufgegeben hat. Warum soll der Staat dann nicht älteren Menschen, die keinen Supermarkt und keinen Arzt mehr in der Nähe haben, finanziell den Umzug dorthin erleichtern, wo ihre Versorgung gewährleistet ist? Statt auf die Wissenschaftler zu schimpfen, sollten die Politiker in Potsdam lieber deren andere Vorschläge aufgreifen und beispielsweise den Kommunen vor Ort mehr Geld zur Verfügung stellen. Noch gibt es Menschen, die in diesem Brandenburg leben wollen. Und bereit sind, selbst entlegene Orte attraktiv zu gestalten – auch damit Touristen dort in 30 Jahren nicht die gleiche Wehmut befällt wie im verlassenen Fischerdorf Nyksund in Nordnorwegen.

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