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Kommentar: Potsdams Trumpf, Berlins Manko

In Berlin bleibt das "Humboldtforum" eine Zitterpartie. In Potsdam geht es dagegen jetzt schon Schlag auf Schlag.

Es geht um zwei verblüffend ähnliche Geschichten diesseits und jenseits der Glienicker Brücke, beide voller Irrungen und Wirrungen: Wie hat man seit dem Fall der Mauer um den Wiederaufbau der durch Krieg und SED-Kulturbarbarei verlorenen Stadtschlösser gerungen, in Berlin und in Potsdam! Wie erbittert wurde gestritten, ehe die Politik dann an Havel und Spree die Heimkehr der Wahrzeichen besiegelte!

Aber damit enden die Gemeinsamkeiten auch schon. In Berlin bleibt das „Humboldtforum“ eine Zitterpartie. In Potsdam geht es jetzt schon Schlag auf Schlag: Die Baugrube auf dem Alten Markt ist ausgehoben, der Entwurf des Dresdners Peter Kulka wurde soeben ausgewählt, dem holländischen Bam-Konzern der Zuschlag erteilt, damit im Frühjahr 2010 der Bau beginnen, Weihnachten 2012 das Landesparlament einziehen kann.

Obwohl sich noch vor ein paar Jahren der Landtag lieber in eine Bruchbude auf dem Brauhausberg verkroch. Da ließen die Ratsherren den brachliegenden Alten Markt links liegen, klotzten ein Center nach dem anderen in die Stadt, legten sich gar mit der Unesco an. Da zelebrierte man den ideologischen Streit zwischen Moderne und Erbe, „Disneyland“ und Zeitgeist. Doch irgendwann waren all diese Debatten geführt, die um den Berliner Schlossplatz und den Sieger-Entwurf des Italieners Franco Stella noch nicht verstummen wollen. Alles braucht seine Zeit. Potsdam ist reif, gereift für das alte, neue Schloss. Erst sprang der Landtag über seinen Schatten, dann gab das Stadtparlament – im dritten Anlauf – grünes Licht, per Bürgerentscheid stimmten die Potsdamer dafür, die Linken stellten den Klassenkampf ein.

Zur Ehrenrettung der Berliner sei gesagt: Dieses Wunder von Potsdam hat auch mit günstigen Begleitumständen zu tun. Mit dem Mäzenatentum von Neubürgern wie Günther Jauch und Hasso Plattner. Und natürlich ist das viel kleinere Schloss mit geborgenen Originalfassaden leichter zu rekonstruieren als der Berliner Gigant. Nur einhundert Millionen Euro soll es die öffentliche Hand kosten. Man fragt sich, warum Brandenburg da zwanzig Jahre zauderte und knauserte, obwohl Dresden mit der Frauenkirche früh vormachte, welche Energie man mit kluger Stadtreparatur freisetzen kann.

Der Trumpf Potsdams aber ist ein anderer: Wenn man ein Königsschloss aufbaut, gibt es in einer Demokratie keinen besseren Hausherren als den neuen Souverän, die Volksvertretung. In Berlin ist das nicht möglich, deshalb die quälende Suche nach einer Lösung für die große Leere hinter Barockfassaden. In Potsdam ist es da konsequent, für den Fall der Fälle, dass sich beide Länder doch irgendwann zur Hochzeit entschließen, den Schloss-Landtag gleich für die Berliner mitzubauen. Denn was gäbe es für Zeter und Mordio,wenn Brandenburg mit einem Single-Landtag die Fusion Stein auf Stein beerdigen würde?

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