zum Hauptinhalt

Kommentar: Wunder gibt es immer wieder

Cottbus kann nur Wunder, heißt es in der Lausitz, und das hat sich in dieser Saison mal wieder bestätigt – zumindest was den Fußball anbelangt.

Von Sandra Dassler

Nicht nur, weil die Energie-Elf beispielsweise vor einigen Wochen gegen Wolfsburg, den neuen deutschen Meister, gewonnen hatte, während man gegen den Mitabstiegs-Konkurrenten Mönchengladbach zu Hause verlor. Sondern auch, weil Cottbus zur Halbzeit des letzten Spieltages schon abgestiegen war, sich aber aufrappelte. Mit dem 3:0 gegen Leverkusen können die Cottbuser den Klassenerhalt nun wieder aus eigener Kraft schaffen.

Dieser Strohhalm ist wichtig fürs Selbstwertgefühl und die Stimmung in der sogenannten Randregion. Seit Jahren kämpft man dort mit hoher Arbeitslosigkeit und Abwanderung junger Menschen. Und jetzt könnten Cottbus und anderen Kommunen durch die Umstrukturierung von Vattenfall Gewerbesteuern in Millionenhöhe verloren gehen. Umso erfreulicher ist das „Fußballwunder“ von Cottbus, das ja, realistisch betrachtet, schon allein darin besteht, dass die kleine Stadt ohne nennenswerte Industrie oder reiche Sponsoren immer wieder in der ersten Bundesliga spielt. Immer wieder kämpft, immer wieder Fans mobilisiert, wofür jetzt sogar Franz Beckenbauer lobende Worte fand. Egal, ob Energie den Klassenerhalt noch schafft – die Moral nötigt Achtung ab.

Das gilt auch für eine Geste, die Spieler und Fans in Cottbus am Sonnabend kollektiv vollzogen: „Wir danken Hannover für die Fairness“, war überall zu hören. Tatsächlich wäre der eigene Sieg vergebens gewesen, wenn Hannover 96, das nichts mehr zu gewinnen hatte, gegen Bielefeld verloren hätte. Doch die Niedersachsen schenkten den Westfalen nichts und straften damit alle Theorien Lügen, wonach sich „der Westen gegen den einzig verbliebenen Ostverein“ verschwören würde.

Und gerade Hannover 96 galt seit den Relegationsspielen um den Aufstieg in die 2.Bundesliga im Jahr 1997 als Erzrivale von Cottbus. In den zu Ost-West-Hassspielen hochstilisierten legendären Begegungen hatten die Niedersachsen damals verloren – nachdem das Licht im Stadion der Freundschaft minutenlang ausgefallen war. Dass sich 96 nun nicht, wie von vielen erwartet, an Energie „rächte“ und die Cottbuser den „Beginn einer prachtvollen Freundschaft“ feierten, war – gerade am 60. Geburtstag der Bundesrepublik – wohl auch ein kleines Wunder.

Zur Startseite