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© dpa

Kommunalwahlen: NPD tritt mit verurteilten Straftätern an

Die rechtsextreme Partei wird bei den Kommunalwahlen mit Alexander Bode den Haupttäter der "Hetzjagd" von Guben als Kandidaten aufstellen. Mit Frank Hübner stellt sie zudem den ehemaligen Bundesvorsitzenden der seit 1992 verbotenen Organisation Deutsche Alternative auf.

Es ist die Nacht zum 13. Februar 1999: In Guben kommt bei einer beispiellosen "Hetzjagd" rechtsradikaler Jugendlicher der algerische Asylbewerber Omar Ben Noui ums Leben. Der Fall macht international Schlagzeilen. Der Haupttäter wird wegen versuchter Körperverletzung mit Todesfolge verurteilt. Heute tritt Alexander Bode, Jahrgang 1979, erneut öffentlich in Erscheinung: Er ist Kandidat der rechtsextremen NPD für die Kommunalwahlen am 28. September. Bode will in die Stadtverordnetenversammlung von Guben und in den Kreistag von Spree-Neiße einziehen. Das bestätigte Kreissprecherin Silvia Friese am Freitag auf ddp-Anfrage.

Jonas Frickmann von der Opferperspektive beschäftigt sich seit Jahren mit der Neonazi-Szene in der Lausitz. Bode, so sagt der Experte, sei ein "lupenreiner Neonazi". Er gehöre seit Ende der 90er Jahre zum Kern der Lausitzer Szene. Dass er jetzt von der NPD für die Wahl aufgestellt werde, sage alles über die Partei. Die NPD sei ein Sammelbecken für Mitglieder ehemaliger Kameradschaften geworden. In Rathenow habe drei Jahre lang ein ehemaliges Mitglied der 2005 verbotenen Kameradschaft "Sturm 27" den NPD-Stadtverband geleitet. In anderen Regionen wollten die Neonazis Verboten zuvorkommen und lösten ihre Kameradschaftsstrukturen teilweise selbst auf. Dafür engagierten sich mehr militante Neonazis in der NPD.

Die Partei kennt keine Schamgrenze mehr

Auch Politologe Christoph Kopke vom Moses Mendelssohn Zentrum in Potsdam warnt vor einem zunehmend radikalen Potenzial der NPD in Brandenburg. Mit einigen Kandidaturen bekenne sich die NPD zur gewaltbereiten Szene. Zugleich setze sie mit ehemaligen Spitzenkadern verbotener Organisationen auf Popularität. SPD-Generalsekretär Klaus Ness spricht von "Hardcore-Aktivisten", die den Weg zur NPD fänden. Da die Partei in der Mark offenbar kaum Erfolge bei der Mitgliederwerbung habe, öffne sie sich dem gewaltbereiten Spektrum. Die Partei kenne keine Schamgrenze mehr, das sei gefährlich.

In Cottbus hat die NPD Frank Hübner aufgestellt. Das sei der ehemalige Bundesvorsitzende der 1992 verbotenen Deutschen Alternative (DA), betont Politologe Kopke. Hübner war bereits zu DDR-Zeiten Mitglied einer neonazistischen Wehrsportgruppe und saß in den 1980er Jahren im Gefängnis. Nach der Wende baute er von Cottbus aus die DA im Osten auf. Die Organisation hatte in Brandenburg bald rund 200 Mitglieder. Laut Kopke waren Mitglieder und Funktionäre der DA an ausländerfeindlichen Gewaltakten beteiligt. Die Organisation wurde 1992 vom Bundesinnenministerium verboten.

Kandidatur von Hübner ist ein Signal an die Szene

Nach Beobachtungen von Experten der Opferperspektive und des Mobilen Beratungsteams ist es in den vergangenen Jahren ruhig um Hübner gewesen. 1993 hatte er schon einmal in Sachen Stadtpolitik für Aufregung gesorgt. Damals bewarb er sich für die rechtsextreme Deutsche Liga als Oberbürgermeister. Bei der Wahl erhielt er immerhin 1500 Stimmen, das entsprach knapp 2,7 Prozent.

Auch wenn Hübner in den vergangenen Jahren kaum öffentlich in Erscheinung getreten sei, hat er laut Kopke aufgrund des recht erfolgreichen Aufbaus rechtsextremistischer Strukturen einen großen Nimbus. Kopke sieht in der Kandidatur ein Signal an die Szene. Ob die NPD damit auch Punkte bei den Wählern sammeln könne, bleibe abzuwarten.

Alle sechs NPD-Kandidaten kommen au Guben

Anett Müller vom Mobilen Beratungsteam bezweifelt, dass die NPD mit Leuten wie Bode und Hübner eine positive Außenwirkung entfalten und Wähler gewinnen kann. Es könne auch abschreckend wirken. Allerdings erziele die Partei damit möglicherweise eine "enorme Binnenwirkung" und erreiche noch mehr Anhänger aus Splittergruppen der Neonazi-Szene.

Die Szene ist nach Einschätzung Müllers gefestigt. Das gelte vor allem für Guben. Das zeige sich unter anderem auch darin, dass alle sechs NPD-Kandidaten für den Kreistag Spree-Neiße aus dieser Stadt kommen. Die Expertin fügt hinzu: "Ein Einzug Bodes in die Gubener Stadtverordnetenversammlung wäre für den Ort dramatisch." Es wäre ein verheerendes Signal, wenn der Haupttäter der tödlichen "Hetzjagd" auf einen Asylbewerber ein Mandat bekäme. Guben würde nach Jahren der Ruhe wieder negative Schlagzeilen machen. (lee/ddp)

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