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Kriminalität: Templiner Mordprozess: Höchststrafe für Haupttäter

Im Prozess gegen zwei junge Männer aus dem uckermärkischen Templin wegen der Tötung eines Arbeitslosen sind hohe Haftstrafen verhängt worden. Der Richter hatte Mühe bei der Urteilsbegründung, sein Entsetzen zu formulieren.

Von Frank Jansen

"Es war ein schreckliches Geschehen", sagte Gert Wegner, "es ist unfassbar, was dort in dieser Tischlerwerkstatt geschehen ist, äußerste Brutalität". Die große Jugendkammer des Landgerichts Neuruppin fällte denn auch am Dienstagabend ein hartes, aber differenziertes Urteil im Prozess zum gewaltsamen Tod des Alkoholkranken Bernd K., den zwei Rechtsextremisten in der Nacht zum 22. Juli 2008 in Templin massiv misshandelt hatten.

Der Angeklagte Sven P. (19) bekam als Haupttäter zehn Jahre Jugendhaft wegen Mordes, außerdem bezog die Kammer ein Urteil des Amtsgerichts Prenzlau wegen einer anderen Straftat (Körperverletzung) ein. Zehn Jahre sind im Jugendstrafrecht das Höchstmaß. Die Kammer bescheinigte P. "Mordlust" und sieht eine direkte Verbindung zwischen der Tat und P.'s rechtsextremer Gesinnung. Christian W. (22) verurteilten die Richter zu neun Jahren und drei Monaten Haft. Der Angeklagte habe sich der Beihilfe zum Mord durch Unterlassen schuldig gemacht, sagte Wegner.

Vom Trinkkumpan zum Opfer

Er hielt Christian W. vor, er habe das Opfer, obwohl es sein Trinkkumpan war, nicht vor den schweren Tritten von P. geschützt und auch selber den wehrlosen Mann misshandelt, allerdings nicht in dem Ausmaß wie der Mitangeklagte. Christian W. habe "nur" als Gehilfe gehandelt. Wegner deutete jedoch an, da es keine Tatzeugen gab und man sich weitgehend auf das Geständnis von W. bei der Polizei verlassen musste, könnte die Schuld des Angeklagten auch größer sein. Das sei aber nicht zu beweisen.

Die Kammer ahndete mit der Strafe zudem einen tätlichen Angriff von W. auf einen Jugendlichen vom Juni 2008. Vom Vorwurf, vor der Tat auch noch auf dem Marktplatz in Templin "Sieg Heil" gerufen zu haben, sprach die Kammer Sven P. frei - da nicht klar war, ob er die Naziparole von sich gegeben hatte oder der Mitangeklagte W.

Gericht: Das neonazistische Menschenbild hat eine Rolle gespielt

In der Urteilsbegründung schilderte der Richter detailliert, wie der 55 Jahre alte Bernd K. vor allem von Sven P. getreten worden war und an schweren Kopfverletzungen starb. Die Kammer betonte, insbesondere bei P. habe "das neonazistische Menschenbild" eine Rolle gespielt "bei der Auswahl des Opfers". Bernd K. sei als "asozial eingestuft" worden. Beiden Angeklagten "fehlt das normale Empathie-Vermögen", sagte Wegner und zog einen Vergleich zu den "Folterknechten, die sich Hitler genommen hat, um die KZ zu betreiben". Sven P. und Christian W. hörten ohne erkennbare Regung zu.

Staatsanwalt Kai Clement hatte in seinem Plädoyer auch Christian W. Mord angelastet und lebenslange Haft gefordert. Clement betonte, "die Hemmschwelle zum Töten von Menschen" sei bei Christian W. und Sven P. angesichts ihrer Gesinnung "deutlich niedriger". Die Angeklagten fühlten sich auch heute noch der rechten Szene verbunden, sagte Clement, und verwies auf die im Prozess verlesenen Briefe, die sich die in verschiedenen Gefängnissen inhaftierten W. und P. geschickt hatten. Da wurde "nordisch" und "teutonisch" gegrüßt und szenetypisch über die "ha ha ha Antifa" hergezogen.

Die Briefe zeugten von "Kaltschnäuzigkeit" und "komplett fehlender Empathie", sagte der Nebenklage-Anwalt der Ehefrau des getöteten Bernd K., Ulrich von Klinggräff. Er sei froh, dass seine Mandantin heute nicht gekommen sei, betonte Klinggräff, weil ihr so die Einlassung von Sven P. erspart geblieben sei. Der Verteidiger von P. hatte am Vormittag ein Schreiben seines Mandanten verlesen, in dem dieser die Beteiligung an der Tat bestreitet und behauptet, er habe Bernd K. nur "angestupst", als der schlafend auf dem Boden gelegen habe. Der Verteidiger von P. forderte für seinen Mandanten Freispruch und kündigte nun, wie auch der Anwalt von W., Revision an. 

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