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Brandenburg: Kummer im Kahn

Der Spreewald verliert Touristen. Andere Brandenburger Regionen glänzen mit neuen Attraktionen und werben erfolgreich Gäste ab

Lübbenau – Die Kähne liegen am Ufer, von Planen bedeckt, die Fährleute langweilen sich. So sah es gestern im Spreewaldhafen Lübbenau aus. Lediglich zwei Boote machten sich mit Gästen zu einer Tour in den Spreewald auf. Die Flaute lag nicht allein am Wetter, das den Regenschirm auch in dieser Woche zum wichtigsten Utensil machte. Schon die ganze Saison hält sich das Interesse an der 80 Kilometer südöstlich Berlins gelegenen Tourismusregion in Grenzen.

Die Zahlen der Tages- und Übernachtungsgäste stagnieren oder gehen sogar leicht zurück, während andere Brandenburger Reiseziele kräftig zulegen. Vor allem Hoteliers betrachten die Lage mit Sorge. In den ersten vier Monaten zählte der Spreewald ganze 182 000 Übernachtungen. Die 2,2 Millionen vom Vorjahr werden wohl nur noch mit viel Mühe und Wetterglück zu erreichen sein, auch wenn die meisten Urlauber erst zwischen Juli und September kommen. „Der Spreewald hat in der Konkurrenz mit anderen Regionen nicht entsprechend mithalten können“, sagte der Geschäftsführer der Tourismus Marketing Brandenburg GmbH, Dieter Hütte. Die „Marke Spreewald“, die eigentlich für eine wunderschöne und einzigartige Natur stehe, sei in den vergangenen Jahren zu wenig gepflegt worden.

Dabei ist die Lage eigentlich paradox. Außerhalb von Brandenburg fällt den Menschen beim Thema Tourismus in der Mark fast ausschließlich der Spreewald ein. Bilder von voll besetzten Kähnen mit einem Kräuterlikör oder einem Bier auf den Tischen und Frauen in Trachten am Rande der idyllischen Spreefließe haben sich in den Köpfen festgesetzt.

Doch während sich die Aufnahmen in den vergangenen 100 Jahren kaum verändert haben, sind die Ansprüche der Touristen gestiegen. Darauf haben andere Regionen reagiert, die bislang nicht als Touristenziele galten, und laufen nun dem Spreewald den Rang ab: Besonders beliebt bei den Besuchern ist der Fläming südlich von Berlin vor allem wegen der 170 Kilometer langen Skater-Strecke. An zweiter Stelle auf der Beliebtheitsskala rangiert das Oder-Spree-Seengebiet östlich Berlins. Es profitiert von den Wellness-Angeboten in Bad Saarow und den vielen Radwegen. Das Ruppiner Land im Norden bietet Touren für Kanuten und Hausboote, das Barnimer Land gleich hinter der nördlichen Berliner Stadtgrenze zieht Camper und Wohnwagenfahrer an. Erst an sechster Stelle folgen Potsdam und der Spreewald.

Während in den anderen Regionen, zum Beispiel auch in der Uckermark, viel getan wurde, veränderte sich zwischen Lübbenau und Burg kaum etwas. Tagesgäste, die hauptsächlich mit dem Bus anreisen, bevölkern die Touristenzentren und schrecken andererseits länger bleibende Urlauber ab. Der Gurkenradweg ist wegen der vielen Spaziergänger rund um Lübbenau kaum zu befahren. Andere Gegenden im Unterspreewald zwischen Schlepzig und Leibsch werden vom Tourismusverband zu wenig gefördert.

Andererseits büßt der Spreewald aber auch Attraktivität ein, zum Beispiel durch den sinkenden Wasserstand. Manchmal steht das Wasser sogar, die Schlammschicht nimmt zu, sagt Dirk Meier, Hafenmeister in Burg. Auch die typischen saftigen Wiesen und die hohen Heuschober findet man immer seltener, weil sich die Landwirtschaft außer dem Gurkenanbau kaum noch lohnt.

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