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Landwirtschaft: Milchbauern sehen schwarz

In Brandenburg hängen rund 17.000 Jobs an der Milchbranche. Die Situation der Bauern hat sich verschlechtert, weil Molkereien immer weniger für ihre Milch zahlen.

Damsdorf/Potsdam - Schon im November war Bauer Timo Wessels aus Damsdorf im Landkreis Potsdam-Mittelmark schwer enttäuscht. Da hatte der Bundesrat entgegen den vollmundigen Versprechungen einiger Agrarpolitiker – darunter auch der ehemalige Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) – einer Absenkung der deutschen Milchquote eine Absage erteilt.

Damals bekam Wessels von seinem Abnehmer, der Molkerei Müllermilch im sächsischen Leppersdorf, immerhin noch gut 30 Cent für den Liter Milch. Im Januar gab es nur noch 25 Cent. Und die Preise könnten sogar noch weiter sinken. „Das wäre eine Katastrophe“, sagt der 29-jährige Geschäftsführer des Agrarbetriebs Damsdorf Wessels GbR wütend. Denn schließlich habe sich an den Kosten – Futter, Energie, Treibstoff – wenig verändert.

Rund 33 Cent muss Wessels nach seinen Angaben pro Liter Milch aufwenden. Die Situation werde immer schwieriger. 330 Milchkühe stehen bei ihm im Stall, wollen versorgt werden. Auch seine Mitarbeiter erwarten ihr Gehalt. Wütend ist Wessels vor allem auf die Politiker und auf den Deutschen Bauernverband. „Erst erhöhen sie die Milchquote und dann schreien sie nach Hilfspaketen“, regt er sich auf.

In Brandenburg hängen immerhin rund 17 000 Jobs an der Milchbranche. Landesagrarminister Dietmar Woidke (SPD) fordert deshalb von der Europäischen Union (EU) ein „schnelles Eingreifen“. So könnten nicht ausgegebene Mittel aus dem EU-Agrarhaushalt genutzt werden, um umgehend einen Hilfsfonds für die Milchbauern aufzulegen. Die Voraussetzungen dafür müssten zuvor allerdings auf einer Sonderagrarministerkonferenz geklärt werden, sagte gestern der Sprecher des brandenburgischen Agrarministeriums, Jens-Uwe Schade.

Bei den Vertretern der märkischen Bauern gehen die Meinungen zum Thema Hilfsfonds weit auseinander. Während der Landesbauernverband die Initiative begrüßt, hält man beim konkurrierenden Bauernbund Brandenburg nichts davon. „Wir wollen das Geld nicht“, sagt Geschäftsführer Reinhard Jung: „Wir befürchten, dass davon nur einige spezielle Betriebe profitieren würden. Das wäre ungerecht: wenn schon ruinöser Wettbewerb, dann für alle gleich.“ Jung bemängelt, dass ein Hilfsfonds an dem eigentlichen Problem – dem Überangebot an Milch auf dem Markt – nichts ändern würde.

Jens Foldenauer, Sprecher des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter, sieht das genauso. „Alle derzeit diskutierten Instrumente, auch Exportzuschüsse und staatliche Interventionsankäufe, helfen nur kurzfristig.“ Die Milchmenge sei das Problem. Ein erneuter Milchboykott liege zwar derzeit „nicht in der Luft“, sei aber bei anhaltender Lage wahrscheinlich, sagt Foldenauer. Noch aber seien die Lager der Molkereien gefüllt und ein Boykott deshalb nicht sinnvoll. mat

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