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Lausitz: Die Sorben fürchten um ihre Kultur

Der Bund hat Fördermittel gesperrt, das Nationalensemble ist von Schließung bedroht. Die rund 60.000 Sorben in der Lausitz fürchten um das Überleben ihrer Institutionen.

Von Sandra Dassler

Die rund 60 000 Sorben in der Lausitz fürchten um das Überleben ihrer Institutionen und damit ihrer Kultur. „Wir haben uns ja schon daran gewöhnt, dass wir immer weniger Geld vom Bund sowie von Brandenburg und Sachsen erhalten“, sagt der Vorsitzende des Sorbenrates im Brandenburger Landtag, Harald Konzack: „Für 2008 hat der Bund uns aber außerdem 2,6 Millionen Euro gesperrt. Wir konnten bisher keinen Haushaltsplan verabschieden, es gibt also keine Sicherheit, was die Bezahlung von Mitarbeitern und die Finanzierung von Projekten angeht.“

Zur Disposition stehen nach Konzacks Angaben damit beispielsweise die Förderung von sorbischen Schulbüchern, die Zuschüsse für das Niedersorbische Gymnasium in Cottbus und die beiden sorbischen Museen in der Niederlausitz. „Besonders dramatisch ist, dass nun sogar eine weltweit einzigartige Institution wie das Sorbische Nationalensemble geschlossen werden soll“, sagt Konzack.

Das sorbische Nationalensemble mit Sitz im sächsischen Bautzen bezeichnet sich als „kultureller Botschafter“ der Sorben. Zu seinem Angebot gehören getanzte Märchen, Musicals, modernes Tanztheater sowie Konzerte. Da in der Vergangenheit mehrfach Kritik an der Verwendung der von Bund und Ländern gezahlten Fördergelder in Höhe von rund 16,4 Millionen Euro jährlich laut wurde, hat der aus Vertretern der Sorben und der Länder Brandenburg und Sachsen bestehende Stiftungsrat ein Gutachten anfertigen lassen. Das bescheinigt dem Nationalensemble einen Mangel an Akzeptanz in der sorbischen Bevölkerung, da es eher im Ausland auftrete als in der Ober- und Niederlausitz.

„Diese Kritik ist sicher richtig“, sagt der Chefredakteur der sorbischen Tageszeitung „Serbske Nowiny“, Benedikt Dyrlich, der sich seit Jahren für Reformen innerhalb der sorbischen Institutionen einsetzt: „Das muss man ändern. Das Ensemble aber einfach zu schließen und damit eine einzigartige Institution zu zerstören – das kann nicht die Alternative sein.“

Dyrlich und viele andere Sorben sind besonders verärgert darüber, dass der Vorschlag, das Ensemble zu schließen, kürzlich von Vertretern des Bundes und der Länder unterbreitet wurde – also von Nicht-Sorben. „So etwas gab es das letzte Mal 1937“, sagt Dyrlich, der auch Vorsitzender des Sorbischen Künstlerbundes ist: „Da haben die Nazis alle sorbischen Einrichtungen geschlossen. Ich will das nicht vergleichen, aber irgendwie fühlen wir uns momentan schon wie ein Spielball für die deutsche Politik.“

Der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Steffen Kampeter, kann das sogar ein wenig nachvollziehen. „Unabhängig davon, dass es das gute Recht des Bundes ist, zu kontrollieren, was mit unseren Fördergeldern geschieht, müssen Bund und Länder endlich ein neues Finanzierungsabkommen schließen“, sagt er: „Bislang lief ein unwürdiges Verfahren: Die Länder zeigten auf den Bund, der Bund zeigte auf die Länder, die Leidtragenden waren die Sorben, die keine Planungssicherheit hatten.“

Kampeter regt auch an, zu prüfen, ob die Sorben weiter aus dem Kulturetat des Bundes finanzielle Zuwendungen erhalten sollten. Da sie eine nationale Minderheit seien, könne auch das Bundesinnenministerium die Förderung übernehmen.

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