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Eine Funkstreife im Einsatz.

© dpa

Lebenslang für Mordversuch: Langzeit-Student schlug mit Hantel auf Ehefrau ein

Er hat ein Abitur von 1,3, geht in Potsdam zur Uni - und ist extrem reizbar. Seine Frau wollte er ermorden. „Ich wollte sie töten“, bekannte der Mann. „Sie war nicht so, wie ich mir meine Frau vorgestellt habe, sie konnte nicht kochen und nicht backen.“

„Der Angeklagte hat seiner Frau das Leben genommen, ohne sie zu töten“, sagt Rechtsanwältin Marlen Block. Sie vertritt die Interessen der Chinesin, die von ihrem Ehemann in einer Wohnung am Schlaatz ins Wachkoma geprügelt wurde. Die 1. große Strafkammer des Landgerichts unter Vorsitz von Frank Tiemann hat Ronny H., der am 29. Juli 2013 wie im Blutrausch mit einer 16,5 Kilo schweren Hantel achtmal auf den Kopf der dreifachen Mutter einschlug, gestern wegen versuchten Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Die zierliche Frau erlitt dabei schwerste Hirnverletzungen. „Außer Schmerzen, denen mit hohen Medikamentengaben begegnet wird, spürt sie gar nichts mehr. Ihr Zustand wird sich auch nicht ändern“, so der Kammervorsitzende.

Der Mann soll eine monatliche Rente von 500 Euro zahlen

Obwohl der Mord nicht vollendet wurde, könne der 34-Jährige nicht mit Strafmilderung rechnen, wie es laut Gesetz möglich sei. „Das wäre hier nicht sachgerecht. Der Angeklagte hat aus Heimtücke und Hass gehandelt. Nach wie vor empfindet er nicht einmal ansatzweise Mitleid mit der Frau. Das ist schon erstaunlich“, so Richter Tiemann. Das Urteil entsprach dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Wie von Nebenklagevertreterin Block gefordert, muss Ronny H. seinem Opfer ein Schmerzensgeld von 300.000 Euro sowie eine monatliche Rente von 500 Euro bis ans Lebensende zahlen. Ferner ist er für alle materiellen und immateriellen Schäden der mittlerweile in einem Pflegeheim Untergebrachten haftbar.

Das Opfer kam aus China, kümmerte sich um das Baby

Ronny H. nahm den Urteilsspruch mit undurchdringlicher Miene zur Kenntnis. Auch an den vergangenen Prozesstagen – der Langzeitstudent musste sich seit dem 15. April für die Bluttat verantworten – waren in seinem Gesicht so gut wie keine Gefühlsregungen erkennbar. Das Geständnis der Tat an jenem Nachmittag vor fast einem Jahr klang wie eingeübt. Von Reue keine Spur. „Ich wollte sie töten“, bekannte der unscheinbare, blasse Mann. „Sie war nicht so, wie ich mir meine Frau vorgestellt habe, sie konnte nicht kochen und nicht backen.“ Nach der Geburt der ersten Tochter im Jahr 2002 habe sich die Chinesin nur noch um das Baby gekümmert. Er sei mit dem Studium der Geophysik überfordert gewesen, habe es schließlich abgebrochen. Danach versuchte es der Potsdamer, der mit der vier Jahre Älteren seine erste Beziehung zum weiblichen Geschlecht überhaupt hatte, mit einem Informatik-Studium, danach mit Physik. Einen Abschluss hat er bis heute nicht. Streit und häusliche Gewalt bestimmten den Alltag des ungleichen Paares. Dennoch kamen 2004 und 2008 zwei weitere Kinder auf die Welt.

Die Tat geschah im Sommer 2013

Seine Frau sei mit den Kindern nicht klargekommen, habe sie nach China zu ihren Eltern gebracht, obwohl die beiden Ältesten bereits schulpflichtig waren, hatte er berichtet. Sie habe das Kindergeld weiterkassiert, aber keine Miete gezahlt. Schließlich habe sie die erstgeborene Tochter und den Sohn zurückgeholt, die jüngste Tochter allerdings bei den chinesischen Großeltern gelassen. Am 29. Juli 2013, dem Tattag, habe er von der damals schon getrennt lebenden Ehefrau in der einst gemeinsamen Wohnung Aufklärung über die aufgelaufenen Schulden verlangt, berichtete Ronny H. Die Chinesin habe gesagt, das gehe ihn nichts an. „Da sah ich die Hantel und dachte, du musst es jetzt tun. Du musst die Kinder von dieser furchtbaren Mutter befreien. Hätte mir der Sohn nicht die Brille weggenommen, hätte ich weitergemacht. Dann habe ich die Polizei angerufen und auf ihr Eintreffen gewartet.“

„Es fällt mir total schwer, das menschlich nachzuvollziehen“, führte der Kammervorsitzende in der Urteilsbegründung aus. Laut psychiatrischem Gutachten ist Ronny H. voll schuldfähig. Er hat einen Intelligenzquotient von 120, bestand sein Abitur mit der Note 1,3. Merkmale einer krankhaften Persönlichkeitsstörung seien nicht erkennbar. Allerdings attestierte der Gutachter dem Angeklagten eine schizoide Persönlichkeitsakzentuierung. Solche Menschen seien oft einsam, verletzlich, leicht reizbar und sehr rational. „Daraus kann sich die Kühle erklären, die der Angeklagte an den Tag legt“, vermutete der Vorsitzende.

Gabriele Hohenstein

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