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Brandenburg: Leinen los!

Der Wassertourismus in Brandenburg und Berlin birgt großes Potenzial. Doch Bürokratie schreckt die Freizeitkapitäne ab – das soll anders werden

Potsdam. Der Vergleich zwischen dem lieblichen Burgund und dem etwas sprödem Brandenburg scheint gewagt zu sein. Doch Eric Claverie, Repräsentant des französischen Hausboot-Verleihers Locaboat in Deutschland, hält daran fest. „Burgund besteht nicht nur aus Weinbergen und romantischen Tälern“, sagte er auf der ersten Tagung über Wassertourismus in Potsdam. „Nur versteht es der Fremdenverkehr dort, die ganze Region gerade für Wassersportler gut zu vermarkten. Die Manager verkaufen perfekt den Traum, wenigstens einmal im Leben als eigener Kapitän übers Wasser zu fahren und locken damit massenhaft Touristen an.“ Nur ein kleiner Teil davon leihe sich tatsächlich ein Boot aus. Aber das Gefühl, in einer wunderschönen Landschaft zu radeln oder zu wandern, überzeuge eben.

Brandenburg und mit ihm das angrenzende Mecklenburg-Vorpommern und Berlin verschenke da im Wassertourismus viele Chancen. Gerade im Vergleich zu Burgund seien hier das Wetter schöner, die Gewässer viel früher erwärmt und die Umgebung viel ruhiger. „Doch vor allem Bürokratismus schreckt die Freizeitkapitäne hier ab und lässt sie nach Frankreich, Irland, in die Niederlande und neuerdings verstärkt nach Polen und Ungarn ausweichen“, sagte der Geschäftsmann Claverie.

Seine Hauptkritik gilt der Bootsführerscheinpflicht für die meisten Strecken. „Wenn sich Gäste schon aus Südwestdeutschland oder aus dem Ausland auf den Weg ins Revier zwischen Schwerin und Brandenburg auf den Weg machen, wollen sie natürlich auch durch Berlin fahren“, sagte er. „Aber dafür brauchen sie wieder einen amtlichen Schein, weil es dort angeblich zu gefährlich für Bootsführer ist. In Amsterdam, wo auf den Kanälen viel stärkerer Verkehr herrscht, zählt dieses Argument überhaupt nicht.“ Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern haben vor zwei Jahren auf einigen ausgewählten Routen probeweise den Charterschein für Bootsführer eingeführt. Dafür genügt eine halbtägige Einführung in die Technik und die Verkehrsregeln durch den Bootsverleiher. Nach Auskunft der Wasserschutzpolizei hat es dadurch nicht mehr Unfälle gegeben. Doch die Reviere sind begrenzt. So ist etwa auf dem Weg von Rheinsberg nach Norden die Passage über die Müritz ohne Bootsführerschein tabu.

Andere Redner kritisierten auf der von der Potsdamer Industrie- und Handelskammer organisierten Konferenz den Fischereischein als „typisch deutsche Erfindung“. Zum Urlaubsspaß auf dem Wasser gehöre auch das Angeln. Doch das ist nur für Inhaber eines kostenpflichtigen Prüfungsscheines erlaubt.

Sportminister Steffen Reiche (SPD) sagte eine Prüfung der Probleme zu. Er warb außerdem um den Wassersport in Brandenburg mit einem Argument, das zumindest Burgund nicht anführen kann: „Der dramatische Bevölkerungsrückgang führt bei uns zu noch mehr Ruhe und Abgeschiedenheit. Gerade das suchen doch die Freizeitkapitäne.“

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