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Brandenburg: Maßregelvollzug: Mehr Zellen für Triebtäter

Die Landesregierung will aus der vernichtenden Kritik der Schnoor-Kommission an den Zuständen im Maßregelvollzug Konsequenzen ziehen: Die 1999 wegen "finanzieller Schwierigkeiten" eingestellten Arbeiten am geplanten Neubau in Eberswalde würden in diesem Jahr wieder aufgenommen, kündigte Gesundheitsminister Alwin Ziel (SPD) gegenüber dieser Zeitung an. Er sei sicher, dass Finanzministerium und Kabinett nach dem Votum der Kommission schnell "grünes Licht" gäben.

Die Landesregierung will aus der vernichtenden Kritik der Schnoor-Kommission an den Zuständen im Maßregelvollzug Konsequenzen ziehen: Die 1999 wegen "finanzieller Schwierigkeiten" eingestellten Arbeiten am geplanten Neubau in Eberswalde würden in diesem Jahr wieder aufgenommen, kündigte Gesundheitsminister Alwin Ziel (SPD) gegenüber dieser Zeitung an. Er sei sicher, dass Finanzministerium und Kabinett nach dem Votum der Kommission schnell "grünes Licht" gäben.

Der Neubau in Brandenburg (Havel) werde zügig zu Ende geführt, sagte Ziel. Schon ab Herbst stünden zusätzliche Plätze zur Verfügung. Zuvor hatte der frühere nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Schnoor erklärt, dass die baulichen und räumlichen Bedingungen in der Landesklinik Neuruppin "keinen geordneten Maßregelvollzug" zuließen. Die Anstalt, in der Frank Schmökel bis zu seiner Flucht im Herbst untergebracht war, muss nach Auskunft von Schnoor "eigentlich geschlossen" werden. Nach Angaben von Ziel ist das nicht möglich, weil es für die rund 60 Patienten in Neuruppin, darunter etwa 20 Sexualstraftäter vom Schlage Schmökels, derzeit keine Ersatzplätze gebe. Eine Unterbringung in anderen Bundesländern sei nicht möglich, weil auch dort die Plätze knapp seien. Dem Vernehmen nach hat das Sozialministerium in verschiedenen Ländern, darunter Berlin, vorgefühlt. Schnoor, von Sozialminister Ziel mit dem Vorsitz der Kommission zur Überprüfung des Maßregelvollzuges nach der Schmökel-Flucht betraut, sieht zwar "kein Chaos" im brandenburgischen Maßregelvollzug. Doch seien die räumlichen Bedingungen namentlich in Neuruppin so schlecht, dass etwas geschehen müsse. Das Problem sei nicht der Altbau an sich, sondern die Unübersichtlichkeit, die keine ausreichende Kontrolle der psychisch-kranken und gefährlichen Straftäter erlaube. Dadurch werde die Gefahr von Meutereien, Geiselnahmen und Aggressionen gegen Klinik-Mitarbeiter gefördert, zumal die Zimmer mit mehr als zwei Patienten belegt seien. Dass es trotzdem relativ ruhig zugehe, sei dem Einsatz des Personals zu danken.

Schnoor betonte, dass der "faktische Baustopp" für den Neubau in Eberswalde eine "Fehlentscheidung" gewesen sei und aufgehoben werden müsse. Eine weitere Bauverzögerung sei angesichts der dramatischen Lage in Neuruppin "nicht verantwortbar". Denn erst wenn die neue Einrichtung in Eberswalde fertiggestellt sei, könne der Maßregelvollzug in Neuruppin geschlossen werden. Die Landesnervenklinik Brandenburg - dort wird Schmökel behandelt - könne auch im Neubau nur einen Teil der Patienten von Neuruppin aufnehmen. Die von ihm geleitete Experten-Kommission werde in ihrem Abschlussbericht "mit aller Deutlichkeit sagen, was im Maßregelvollzug zu passieren hat und intensiv das Sicherheitsproblem analysieren". Es stehe außer Frage, so Schnoor weiter, dass nach Fertigstellung der neuen Einrichtungen mehr Personal bereitgestellt werden müsse. Das Land müsse wohl oder übel zusätzliche Mittel bereitstellen, wenn es die Probleme in den Griff bekommen wolle. Sicherheit bekomme man nicht allein durch hohe Mauern, sondern vor allem durch die Qualität der Therapie.

Sozialminister Ziel sagte gegenüber dem Tagesspiegel, er stehe voll hinter den Forderungen der Schnoor-Kommission. Er verlange seit über einem Jahr vehement, die Bedingungen für den Maßregelvollzug zu verbessern. CDU-Generalsekretär Thomas Lunacek betonte, dass nicht Ziel die Verantwortung für Fehlentscheidungen trage, sondern seine Vorgängerin. Die PDS sieht sich hingegen in ihrer Forderung nach einem Rücktritt des Sozialministers bestätigt. Er trage Mitverantwortung für die Vernachlässigung des Maßregelvollzuges in Brandenburg. Schnoor wies darauf hin, dass seine Kommission nicht die Verantwortung für die Flucht des Triebtäters Schmökel untersuchen werde. Man befasse sich zwar auch mit Schmökel, konzentriere sich aber auf die Schwachstellen im Maßregelvollzug. Der Abschlussbericht soll im März vorliegen.

Michael Mara

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