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Schön die Spur halten. Auf vier Bundesstraßen – wie hier der B 96 – gilt die neue Maut. Politiker fürchten, dass die Fahrer ausweichen, um Geld zu sparen.

© dapd

Maut auf Bundesstraßen: Lkw-Staus in Ortszentren befürchtet

Die LKW-Maut auf Bundesstraßen gilt seit diesem Mittwoch, sie betrifft auch Brandenburg. Die Kommunen rechnen mit einer Verdrängung der Lastwagen auf Nebenstrecken.

Von Matthias Matern

Dem einen geht sie nicht weit genug, andere befürchten wegen ihr chaotische Zustände auf Brandenburgs Straßen. In der Nacht zu Mittwoch wurde auf vier Teilstrecken von Bundesstraßen eine Lkw-Maut fällig, den symbolischen Startschuss wollte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) kurz vor Mitternacht in der Zentrale des Mautbetreibers Toll Collect in Berlin geben.

Betroffen sind in Brandenburg rund 60 Kilometer auf der B 5, der B 101 und zwei Abschnitte auf der B 96. Insgesamt muss künftig auf gut 1100 Kilometer Fernstraße in Deutschland gezahlt werden. Die Gebühren sind mit einem Durchschnittspreis von 17 Cent pro Kilometer genauso hoch wie auf Autobahnen.

Während Toll Collect die Maut erhebt, ist für die Kontrolle das Bundesamt für Güterverkehr zuständig. Die Gebühr wird über einen Computer im Lkw abgebucht. Dieser zählt die gefahrenen Kilometer und berechnet den Preis. Im Gegensatz zu den Autobahnen wird es an den Bundesstraßen jedoch keine Mautbrücken zur Kontrolle geben. Stattdessen setzt das Bundesamt speziell ausgerüstete Kleintransporter ein. Per Funk können diese im Vorbeifahren überprüfen, ob der Fahrer gezahlt hat oder nicht.

Video: Die Bundesstraßen-Maut für LKWs ist gestartet

Welche Strecken in Brandenburg vorgesehen sind, steht seit einem Jahr fest. Fällig wird die Maut auf der B5 zwischen Nauen (Havelland) und Berlin, auf der B101 zwischen Thyrow (Teltow-Fläming) und der Berliner Landesgrenze und auf der B 96 zwischen dem Autobahnkreuz Oranienburg und der Kreuzung zur Landesstraße 191 bei Sachsenhausen sowie von Rangsdorf (Teltow-Fläming) bis zum Berliner Stadtgebiet. Extra-Schilder, die auf die Mautpflicht hinweisen, wurden jedoch nicht aufgestellt.

Oberhavel-Landrat Karl-Heinz Schröter (SPD) befürchtet wegen der Mautpflicht auf dem nördlichen Teilstück der B 96 allerdings Dauerstaus sowie eine erhebliche Lärm- und Abgasbelästigung der Anwohner – aber nicht auf der mautpflichtigen Umfahrung Oranienburgs, sondern auf der alten B 96, die mitten durch die Stadt führt. „Die ist viereinhalb Kilometer kürzer und anders als die Umgehung weiter kostenlos.“ Wären Pkw ebenfalls mautpflichtig, würde auch er künftig lieber auf der alten B96 fahren, um sich die Gebühr zu sparen, räumt Landrat Schröter ein. Insofern sei die neue Regelung eine Art Schildbürgerstreich. Schließlich sei die Umfahrung extra dafür gebaut worden, um die Oranienburger vom Schwerlastverkehr zu entlasten.

Bei einer generellen Mautpflicht gäbe es keine Ausweichrouten mehr

Gegen die Mautpreller helfen mehr gebührenpflichtige Strecken, sagt Karl-Ludwig Böttcher, Hauptgeschäftsführer beim brandenburgischen Städte- und Gemeindebund. „Die Lkw-Maut ist vernünftig und die richtige Konsequenz aus der gestiegenen Beanspruchung der Straßen. Eigentlich greift sie sogar noch zu kurz. Das gesamte Hauptverkehrsnetz müsste mautpflichtig werden“, sagt Böttcher. Bislang gingen die Kommunen bei den Maut-Einnahmen an den Autobahnen leer aus. Dabei müssten die Städte und Gemeinden ein weit größeres Straßennetz als der Bund und das Land unterhalten, meint der Städtebund-Chef. Im Land Brandenburg stünden knapp 800 Kilometer Bundesautobahn und rund 2800 Kilometer Landesstraßen den rund 5800 Kilometern Kreis- und 1270 Kilometern Gemeindestraßen gegenüber. Zusätzliche Einnahmen aus der Maut könnten helfen, zumindest die notwendigen Instandhaltungsmaßnahmen zu decken. Eine generelle Mautpflicht hätte den Vorteil, dass es praktisch keine Ausweichrouten mehr gebe.

Böttchers Vorschlag will man im Infrastrukturministerium Brandenburgs allerdings lieber nicht kommentieren. Dabei befürchtet auch Ministeriumssprecher Jens-Uwe Schade eine Zunahme der Mautpreller: „Es darf auf keinen Fall passieren, dass der Lkw-Verkehr auf die niederrangigeren Straßen gedrängt wird.“ Allerdings seien die vier Abschnitte alle gut überschaubar. Insgesamt sei Brandenburg mit zusammen 60 Kilometer Mautstrecke noch glimpflich weggekommen. „Einige Bundesländer im Westen sind weitaus stärker betroffen.“ Ursprünglich seien zehn Strecken im Gespräch gewesen. „Das zeigt eben, dass sich offenbar nicht jeder Abschnitt eignet“, sagte Schade weiter.

Kritik an der Bundesstraßen-Maut kommt dagegen von der regionalen Logistikbranche. Stetig steigende Lieferkosten würden unweigerlich die Produktpreise teurer machen, kritisiert etwa Klaus-Dieter Martens, Geschäftsführer des Verbandes Verkehr und Logistik Berlin und Brandenburg, dem rund 150 Speditionsfirmen der Region angehören. Ob der Mehraufwand durch Kontrollen und Bürokratie dem Ziel gerecht wird, sei zudem fraglich, sagt Martens. „Allerdings hat man sich die einträglichsten Straßen im Land ausgesucht.“ Schließlich führten sie fast alle an den großen Güterverkehrszentren des Landes vorbei.

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