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Brandenburg: Mehr Leistungsbereitschaft, weniger Rechtsextremismus

Eine Abkehr vom Rechtsextremismus und Antisemitismus hat der Potsdamer Jugendforscher Professor Dietmar Sturzbecher von der Universität Potsdam bei Brandenburgs Schülern festgestellt. Das verbreitete Klischee, dass es mit dem Rechtsextremismus unter Jugendlichen immer schlimmer werde, stimme nicht, sagte Sturzbecher bei der Vorstellung einer neuen Untersuchung zu den Einstellungen brandenburgischer Schüler.

Eine Abkehr vom Rechtsextremismus und Antisemitismus hat der Potsdamer Jugendforscher Professor Dietmar Sturzbecher von der Universität Potsdam bei Brandenburgs Schülern festgestellt. Das verbreitete Klischee, dass es mit dem Rechtsextremismus unter Jugendlichen immer schlimmer werde, stimme nicht, sagte Sturzbecher bei der Vorstellung einer neuen Untersuchung zu den Einstellungen brandenburgischer Schüler. Vielmehr sei ein deutlicher Trend "zu mehr Leistungsbereitschaft sowie weniger Rechtsextremismus und Gewalt" auszumachen.

So sei der Anteil der Schüler, die den Rechtsextremismus völlig ablehnten, seit 1999 von 45 Prozent auf 56 Prozent 2001 gestiegen. Zugleich habe sich der Anteil der Schüler, die rechtsextremistischen Statements teilweise oder völlig zustimmten, um sechs auf 13 Prozent verringert. "Deutlich abgenommen" haben nach der Studie auch die antisemitischen Vorurteile. So hat der Anteil der Schüler, die Antisemitismus völlig ablehnen, von 34 Prozent 1999 auf 41 Prozent 2001 zugenommen, während der Anteil derjenigen, die antisemitische Vorurteile völlig oder tendenziell befürworten, von 28 auf 22 Prozent gesunken ist. Während sich an den Gesamtschulen kaum etwas verändert habe, zeige sich die Ablehnung an den Gymnasien besonders deutlich. Parallel dazu ist der Anteil der Schüler, der sich vorbehaltlos zur historischen Verantwortung der Deutschen bekennt, in den letzten zwei Jahren von 34 auf 40 Prozent gestiegen.

Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) sprach von einer "positiven Trendwende". Sie betonte jedoch, dass es bei Berücksichtigung aller Studien weiterhin Anlass zur Sorge gebe: Insgesamt seien im Osten 30 Prozent der 16- bis 25-Jährigen als rechtsextrem einzustufen, in den alten Bundesländern 15 Prozent. Es würden immer noch viele Gewaltakte gegen Fremde von Jugendlichen begangen. Um so wichtiger sei, dass Lehrer und Ausbilder couragiert gegen alle Formen von Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit unter Schülern aufträten. Brandenburgs Bildungsminister Steffen Reiche sagte ebenfalls, dass aufgrund der insgesamt dramatischen Zahlen keine Entwarnung gegeben werden dürfe: Es sei nach wie vor eine zu geringe Fürsorge einer zu großen Zahl von Eltern festzustellen.

Auch Sturzbecher, der seit Jahren vergleichende Jugendbefragungen vornimmt, konstatierte differenzierte Entwicklungen und Polarisierungstendenzen: So sprächen sich mehr Schüler gegen Gewalt aus, andererseits wachse aber die Zahl der Gleichgültigen. Der zunehmenden Ablehnung des Rechtsextremismus und des Antisemitismus steht gegenüber, dass sich etwa jeder zehnte Jugendliche mit niedrig-rechtsextremen Orientierungen im Jahre 1999 jetzt verstärkt von rechtsextremen Positionen angezogen fühlt. Auch zeigt die hohe Fremdenfeindlichkeit unter Brandenburgs Schülern laut Studie nur eine "schwach rückläufige Tendenz": War 1999 jeder dritte Schüler "eher hoch" oder "hoch" ausländerfeindlich, trifft das nach der Studie 2001 immer noch für rund 28 Prozent der Befragten zu. Vor allem die Mädchen hätten hier zugelegt. An den Gesamtschulen zeige sich die Ausländerfeindlichkeit auf hohem Niveau unverändert. Auffällig: Das politische Interesse sowie der Wunsch zur aktiven Beteiligung am politischen Leben sind bei den Schülern rückläufig - um je fünf Prozent auf 29 bzw. 33 Prozent. Auch hat die Vernachlässigung durch die Eltern nicht abgenommen.

Michael Mara

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