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Brandenburg: Militärübungen: Der bange Blick nach oben

Von oben kommt nichts Gutes. Keine Angst, damit soll gerade jetzt nicht dem Atheismus das Wort geredet werden.

Von oben kommt nichts Gutes. Keine Angst, damit soll gerade jetzt nicht dem Atheismus das Wort geredet werden. Aber gleich bei zwei wichtigen Begebenheiten der vergangenen Woche tauchte diese Wendung auf, ganz konkret und im übertragenen Sinn. Von der Bürgerinitiative "Freie Heide", die seit Jahren gegen einen Bombenabwurfplatz südlich von Wittstock kämpft, wurde die mehrdeutige Formulierung im Bundesverwaltungsgericht aufgeschnappt. Eine Frau aus einem Dorf am Rande des Platzes erklärte damit ihre Angst vor den Tieffliegern mit Übungsbomben. Keine Technik sei schließlich unfehlbar. Einen Tag später äußerte ein Mann im kleinen Ort Horno mit dem mehrdeutigen Satz seinen Unmut über eine Rede des Kanzlers. Die da oben hätten nichts für sein von den Braunkohlebaggern bedrohtes Dorf übrig. Schröder hatte sich in Jänschwalde zum wiederholten Male für die Kohle und gegen die Zukunft des Ortes an der polnischen Grenze ausgesprochen.

Nicht nur der bei beiden Gelegenheiten gehörte Satz gleichen Inhalts verbindet die zwei Brandenburger Regionen. Sowohl rund um das so genannte Bombodrom bei Wittstock als auch im Dorf Horno begehren Einwohner gegen die ihrer Meinung nach einseitige Willkür der Behörden auf. Im Falle der "Freien Heide" wurden diese erst einmal in die Schranken gewiesen. Die Bundeswehr darf die Kyritz-Ruppiner Heide derzeit nicht nutzen. Erst muss sie sich einem Planungsverfahren stellen, entschieden die Richter. Ein achtjähriger Kampf Tausender Menschen brachte diesen Erfolg.

Diskussionen nicht zugelassen

Die Militärs und Beamten lehnten sich 1992 bei der Diskussion um die Zukunft des 40 Jahre zuvor von den sowjetischen Truppen eingerichteten Übungsplatzes tatsächlich locker zurück. Wo die Menschen Tag und Nacht den Höllenlärm der MIG-Maschinen ertragen mussten, werden sie sich doch jetzt über die Bundeswehrflieger nicht sonderlich aufregen. So glaubten die Planer. Diskussionen wurden nicht zugelassen. Einmal Schießplatz, immer Schießplatz. Basta. Die Interessen der Gemeinden spielten keine Rolle. Doch die Militärs hatten die Rechnung ohne die durch die Wendezeit zum Widerstand motivierten Anwohner gemacht. Hochmut kommt vor dem Fall.

Auch die Menschen in Horno wehren sich gegen die Entscheidungen von "oben". Sie wollen in ihrer Heimat bleiben und nicht umgesiedelt werden. Landes- und Bundesregierung haben ihr Urteil allerdings schon längst gesprochen, das die Zerstörung des Ortes zugunsten der Kohle unter den Grundstücken vorsieht. 300 Einwohner gegenüber 4000 geretteten Arbeitsplätzen lautet das immer wieder zu hörende Argument. Dabei ist die vom Ortsvorstand geforderte Umfahrung des Dorfes durch Bagger noch nicht einmal ernsthaft geprüft worden. Zu teuer, lautet die Standardantwort.

Einen entscheidenden Unterschied gibt es zwischen der "Freien Heide" und Horno. Die Protestierer bei Wittstock konnten auf den Bekanntheitsgrad von Rheinsberg und Neuruppin bauen, die ebenfalls von den Tieffliegern beeinträchtigt worden wären. Horno aber besitzt keine überregionale Lobby. Kanzler Schröder sprach vor den Bergleuten in der Lausitz sogar nur vom "Widerstand in einem Dorf". Horno hat wohl tatsächlich nichts Gutes von oben zu erwarten.

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