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Brandenburg: Nachtflug-Betrieb ist billig zu haben

Planungsrechtler: Verzicht auf den neuen Flughafen BBI würde Schönefelds 24-Stunden-Betrieb retten

Die Chancen für die Entwicklung eines internationalen Luftverkehrsdrehkreuzes in der Region sind verpasst worden. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat durch sein Urteil zum geplanten neuen Flughafen Berlin-Brandenburg-International, BBI, auch die Tür zu einem künftigen 24-Stunden-Verkehr zugeschlagen – falls die Betreiber nicht auf das aus dem Urteil abzuleitende Recht, den Bau des neuen Flughafens, verzichten. Stattdessen müssten sie Schönefeld auf der bestehenden juristischen Grundlage weiterentwickeln, und könnten dann auch rund um die Uhr Start- und Landemöglichkeiten anbieten. Diese Schlussfolgerungen zieht der Planungsrechtler Professor Elmar Giemulla aus dem Spruch des Gerichtes.

Giemulla, der an der Technischen Universität als Honorarprofessor am Institut für Luft- und Raumfahrt lehrt, zitiert aus dem Urteil einen Hinweis der Richter an die künftigen Betreiber von BBI: „Den Vorhabensträgern ist es unbenommen, den vorhandenen Bestand nach Maßgabe der Genehmigung vom 20. September 1990 ... – auch nachts – zu nutzen“. Die Rechtslage sei, so Giemulla, künftig für die Flughafenbetreiber ungünstiger als derzeit, weil ja die Berechtigung für einen 24-Stunden-Betrieb entfallen würde.

Giemulla wendet sich auch dagegen, Tempelhof stillzulegen. Viele Großstädte weltweit würden, so der Jurist gegenüber dem Tagesspiegel, viel dafür geben, wenn sie einen so zentral wie Tempelhof liegenden Flughafen bauen dürften. Er bezeichnet sich selbst als Anhänger des so genannten Y-Konzeptes des Projektentwicklers Reinhard Müller. Dieser hatte vorgeschlagen, den bestehenden Flughafen Schönefeld weiterzuentwickeln, auf den Bau eines neuen, alleine mehr als 600 Millionen Euro kostenden Flughafenbahnhofs zu verzichten, und Tegel bis 2020 weiterzubetreiben. Müller erhofft sich daraus Einsparungen von deutlich über einer Milliarde Euro. Der Regierende Bürgermeister, den Müller wie das Verkehrs- und das Finanzministerium auf die Planungsalternative hingewiesen hatte, lehnte eine Befassung mit dem Thema unter Hinweis auf das Leipziger Urteil ab.

Giemulla verneinte geschäftliches Interesse an dem Y-Konzept. Als langjähriger Beobachter der internationalen Luftverkehrsplanung fände er die Alternativplanung vor allem deshalb interessant, weil sie deutlich sparsamer und naheliegender als die offizielle Variante für BBI sei. Zwischen ihm und Müller gebe es auch keine finanziellen Verbindungen. Die Auswertung des Leipziger Urteils sei weder im Auftrag noch auf Rechnung Müllers erfolgt, sondern rein wissenschaftlichem Interesse geschuldet. Er sei Herausgeber und Kommentator des wichtigsten Standardkommentars zum europäischen Luftverkehrsrecht und schon alleine in dieser Eigenschaft verpflichtet, das grundlegende Leipziger Urteil so schnell wie möglich auszuwerten.

Eine Umsetzung des Y-Konzeptes (so benannt nach dem Grundriss des künftigen zentralen Terminals) hält Elmar Giemulla für realisierbar, so lange die technischen Kapazitäten des bestehenden Flughafens nicht verändert würden. Diese beziehen sich auf die Zahl der Start- und Landebahnen, auf die Stellflächen für Flugzeuge und den Umfang der Zu- und Abfahrtswege für die Runways. Bei allen drei Kriterien haben sich nach Informationen des Tagesspiegels die Projektentwickler um Müller tatsächlich an die Vorgaben der bisherigen Nutzung gehalten.

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