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Brandenburg: Oblaten für alle

Am Donnerstagabend wurde in der Gethsemane-Kirche zum ersten Mal das ökumenische Abendmahl gefeiert

Hinter dem Altar stehen Fernsehmonitore, vor dem Altar Mikrofone. Am Donnerstagabend hatten sich schon um 17.30 Uhr, eine halbe Stunde vor Beginn des Gottesdienstes, 2000 Menschen in der Gethsemane-Kirche in Prenzlauer Berg versammelt. Mehr gingen nicht rein. Hunderte mussten vor der Tür warten und den historischen Gottesdienst über Lautsprecher verfolgen. Sie alle wollten dabei sein, wenn zum ersten Mal in der Kirchengeschichte Katholiken und Protestanten offiziell gemeinsam das Abendmahl einnehmen – ausgeteilt von einem katholischen Priester im Rahmen einer katholischen Eucharistiefeier.

Monatelanger Streit war diesem Abend vorausgegangen, denn einem katholischen Priester ist es untersagt, die Oblate an Nicht-Katholiken auszuteilen, und ein Katholik darf diese Hostie auch nur aus der Hand eines katholischen Priesters entgegennehmen. Denn nur ein katholischer Priester ist geweiht. Nach katholischer Lesart steht deshalb nur ein katholischer Priester in der Nachfolge der Apostel. Bis zum letzten Moment hatte die Gethsemane-Gemeinde den Namen des katholischen Priesters geheim gehalten. Denn der katholische Erzbischof Kardinal Georg Sterzinsky hatte dem Unbekannten bereits im voraus Konsequenzen angedroht.

Dennoch hatten die Reformgruppierungen „Kirche von unten“ und die „Kirchenvolksbewegung“, die den Gottesdienst zusammen mit der evangelischen Gemeinde veranstalteten, einen Mutigen gefunden: den 70-jährigen Theologieprofessor Gotthold Hasenhüttl aus Saarbrücken, der die Priesterweihe besitzt. Einem Ortsfremden kann der hiesige Bischof nichts anhaben, da Hasenhüttl nicht in seinem Einflussbereich zuhause ist.

Ein wenig unsicher zunächst, bekräftigte Hasenhüttl im beigen Gewand zu Beginn des Gottesdienstes, dass alle zum Abendmahl eingeladen seien. „Denn gerade den anderen anders sein lassen, begründet die Gemeinschaft“, sagte Hasenhüttl und fragte: „Kann nicht Jesus Christus auf unterschiedliche Weise gegenwärtig sein?“

Dass am Donnerstagabend tatsächlich ein gemischtes Publikum den Gottesdienst feierte, zeigte sich daran, dass immer ein Teil aufstand, ein Teil sitzen blieb, wenn der katholische Ritus das Aufstehen erforderte. Die Predigt hielt die evangelische Pfarrerin Brigitte Enzner-Probst aus Augsburg über das Lukasevangelium.

Dann brachten Kinder zwölf Tonkrüge mit Wein zum Altar und körbeweise Oblaten. Hasenhüttl segnete die Hostie und ließ gegen den katholischen Brauch nicht nur Oblaten, sondern auch Wein austeilen, wie bei den Protestanten üblich. Es dauerte weit über eine Stunde, bis die rund 2500 Gläubigen daran teilgenommen hatten. Hasenhüttl selbst teilte das Abendmahl an die Wartenden vor der Kirche aus.

In einem Punkt wich Hasenhüttl dann doch von dem vorgedruckten Programm ab: Bei der Einsetzung des Abendmahls schloss er den „Bischof von Rom, Johannes Paul“, von der Gemeinschaft derer aus, die in diesem Abendmahl zur Einheit finden sollten.

Claudia Keller

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