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Brandenburg: „Offene Debatte ist gut, aber Regeln müssen eingehalten werden“

Demokratischer Streit oder brutaler Machtkampf? Wie Politiker und Wissenschaftler die Vorgänge in der CDU bewerten

Inakzeptabel oder einer demokratischen Partei angemessen? Wie ist der harte Kampf um den Parteivorsitz zu bewerten, fragte der Tagesspiegel Politiker und Wissenschaftler. Für ein klares Pro oder Contra mochte sich niemand entscheiden.

Peter-Michael Diestel, CDU-Fraktionschef in Brandenburg von 1990 bis 1992; jetzt als Rechtsanwalt tätig:

„Das einzig Gute an der derzeitigen Situation ist, dass momentan keine Wahlen anstehen. Dann würde die CDU wahrscheinlich völlig untergehen. Ich finde es generell in Ordnung, wenn in einer Volkspartei keine Harmonie verordnet, sondern auch gestritten wird. Aber was da zwischen Junghanns und Petke sowie ihren Anhängern läuft, ist kein politischer Streit, das ist – entschuldigen Sie den Ausdruck – ,Kinderkacke’: fast geheimdienstliche Absprachen auf der einen und eigentümlich hilflose Reaktionen auf der anderen Seite, dazu jede Menge Heckenschützen. Die märkische Union benötigt jetzt dringend Persönlichkeiten. Zur Persönlichkeit wird man aber nicht allein dadurch, dass man jung ist beziehungsweise ständig behauptet, jung und wild zu sein. Abgesehen davon finde ich es sehr traurig, dass diese Schlammschlacht das politische Werk des von mir geschätzten Jörg Schönbohms zerstört. Er hinterlässt die CDU zerstrittener als er sie übernommen hat.“

Ulf Fink, 1991 bis 1993 CDU-Landesvorsitzender in Brandenburg; jetzt Vorsitzender des Vereins Gesundheitsstadt Berlin:

„Ich beobachte natürlich immer noch, was in der märkischen Union vor sich geht. Den derzeitigen Zustand halte ich für sehr bedenklich. Allerdings trägt Jörg Schönbohm eine Mitschuld daran: Er hat keine Parteiarbeit geleistet. Er hat die Partei weder programmatisch noch personell erneuert, sondern dieses Feld anderen überlassen. Das rächt sich jetzt.“

Jürgen Dittberner, Politikwissenschaftler an der Universität Potsdam: Natürlich ist es ein Ausdruck von Parteiendemokratie, wenn um Inhalte und Richtungen gestritten wird. Aber in der märkischen CDU geht es ja nicht um Inhalte oder Richtungen. Das wäre beispielsweise der Fall, wenn ein besonders unternehmerfreundlicher Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns gegen einen extrem arbeitnehmerfreundlichen Sven Petke antreten würde. Doch davon kann ja keine Rede sein. Außerdem müssen bei einer seriösen innerparteilichen Debatte – und ich bin sehr dafür, dass so etwas offen und nicht im Stillen ausgetragen wird – bestimmte Regeln eingehalten werden. So etwas darf beispielsweise nicht zu einer Schlammschlacht ausufern. Ansonsten schreckt es die Menschen eher ab. Wenn die märkische CDU so weitermacht, wird sie viele Wähler verlieren“.das

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