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Brandenburg: Plötzlich kassierte das Land die Pacht

Angeblich konnte ein Erbe nicht ermittelt werden Da setzte sich Brandenburg selbst ins Grundbuch

Eisenhüttenstadt - Einen exemplarischen Fall für die rechtswidrige Praxis des Landes bei der Aneignung des Bodenreformlandes erlebte Manfred Siekert aus Eisenhüttenstadt. Seine Mutter erhielt 1946 ein rund 800 Quadratmeter großes Feld zur eigenen Bewirtschaftung in Neuenhagen bei Bad Freienwalde am Rande des Oderbruchs. Die Urkunde dafür besitzt der heute 69-Jährige noch. Mit den Erlösen hatte die Mutter die Familie durch die Hungersnöte der Nachkriegszeit gebracht. Später verpachtete sie das Land an einen Verwandten. Daran änderte sich auch nichts nach dem Tod der Mutter im Jahre 1976. Manfred Siekert erhielt einen Erbschein über die 800 Quadratmeter und kassierte von dem in der Landwirtschaft verbliebenen Cousin eine bescheidene Pacht. Siekert selbst hatte mit Ackerbau nichts am Hut und wurde Betriebswirt bei der Verwaltung von Eisenhüttenstadt.

Anfang 2005 teilte ihm der Cousin überraschend mit, dass er die Pacht nicht mehr an ihn überweisen könne. Das Land Brandenburg sei jetzt der Eigentümer. Das ging aus einem Schreiben hervor, das der Pächter vom Grundstücksamt erhalten hatte. „Ich war ziemlich wütend“, sagt Manfred Siekert. „Es handelte sich zwar nur um ein kleines Stück Ackerland, aber so kann sich doch kein Bundesland einfach das Eigentum fremder Leute unter den Nagel reißen.“

Also erkundigte er sich beim damals zuständigen Grundstücksamt und erhielt eine überraschende Antwort: Am 21. Juni 2000 hatte demnach das Land Brandenburg die Übereignung des Grundstücks, die sogenannte Auflassung, beantragt. Doch erst am 14. April 2004 erfolgte die Eintragung des Landes ins Grundbuch. Das Grundstücksamt hatte angeblich keine Erben gefunden. „Dabei hätten sich die Mitarbeiter doch nur danach erkundigen müssen, an wen bislang die Pacht gezahlt worden ist“, sagt Manfred Siekert. „Außerdem wusste in Neuenhagen jeder, wo ich wohne.“

Wie schlampig das Grundstücksamt gearbeitet habe, zeige sich nicht zuletzt an einem Schreibfehler. „Meine Mutter wurde im Schreiben an den Cousin als ‚Siegert’ bezeichnet, in allen anderen Dokumenten steht aber die korrekte Schreibweise Siekert“, beklagt sich der Erbe.

Wie in ähnlichen Fällen hätte sich das Land den jetzigen Ärger erspart, wenn vor dem 2. Oktober 2000 die Eintragungen im Grundbuch abgeschlossen gewesen wären. An diesem Tag endete die zehnjährige Frist, bis zu der das Land alle Ansprüche durchgesetzt haben musste. „Ich hätte die 800 Quadratmeter herausgeben müssen, weil ich nicht in der Landwirtschaft tätig war“, meint der Rentner. „So aber stand ich noch am 2. Oktober 2000 im Grundbuch. Es war also mein privates Land.“ Nicht nur die damalige Praxis macht Manfred Siekert fassungslos. „Ich finde die Reaktion der heutigen Landespolitiker sehr beschämend“, meint er. „Was soll man diesen Menschen noch glauben?“

Der Rentner hat inzwischen am Info-Telefon des Finanzministeriums (0331 / 58 181 381) seinen Fall geschildert. Dort wurde ihm rasche Hilfe zugesichert. Er verlangt neben einer Rücknahme der Grundbucheintragung des Landes auch die Rückzahlung der entgangenen Pacht. „Schon aus Prinzip und aus Ärger über die Arroganz der Behörden“, wie er sagt. Claus-Dieter Steyer

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