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Steinmeier@Wahlkreis

© ddp

Polit-Tour: Steinmeier übt Bodenhaftung in Brandenburg

Im brandenburgischen Klaistow trank Frank-Walter Steinmeier ein Glas Kürbissekt, im Nachbarort Emstal holte er mehrere Laibe Brot aus einem historischen Backofen. Seine Mission: Den zukünftigen Wahlkreis im Westen Potsdams kennen lernen.

Der Bundesaußenminister startete zu einer Tour der ganz besonderen Art: Vier Tage lang will er sich mit der Region südwestlich von Potsdam vertraut machen, wo er 2009 sein erstes Bundestagsmandat holen will. Verschlafene Dörfer, spätsommerliche Felder und viel weites Land - die Reise durch Brandenburg hat so gar nichts gemeinsam mit den sonstigen Missionen des SPD-Politikers.

Statt mit den Mächtigen der Welt über den Nahost-Konflikt, Raketenabwehrschilde oder das iranische Atomprogramm zu sprechen, nahm sich Steinmeier viel Zeit für die Themen, die im Kreis Potsdam-Mittelmark oder im Havelland aktuell sind. "Ich bin neugierig und ich hoffe, die Bewohner des Wahlkreises sind es auch", sagte er im Kloster Lehnin, wo seine Rundtour startete. Ausführlich besichtigte der Außenminister das ehemalige Zisterzienserkloster, das heute unter anderem ein Alten- und Pflegeheim sowie eine Klinik der Diakonie beherbergt.

"Er scheint sich tatsächlich zu interessieren"

In Begleitung der SPD-Bundestagsabgeordneten Margrit Spielmann, die ihren Wahlkreis aus Altersgründen an Steinmeier abtritt, ließ er sich über die  Probleme der Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum oder die Vorzüge der ambulanten Versorgung informieren. "Er scheint sich tatsächlich für unsere Arbeit zu interessieren", sagte die Oberin des Evangelischen Diakonissenhauses, Schwester Reinhild Pursche. Bei der nächsten Station, dem Brotmuseum in Emstal, ließ sich der deutsche Chefdiplomat geduldig allerlei historische Backgeräte erklären. Die Brotlaibe, die er aus dem großen Backsteinofen holte, sollten am Abend auf der Burg Ziesar zusammen mit Currywürsten verspeist werden - beim Sommerfest mit der örtlichen SPD und Ex-Ministerpräsident Manfred Stolpe.

Steinmeier ist ein Optimist, das zeigte sich zumindest bei der Reiseplanung: die ersten Stationen der Rundreise sollten per Fahrrad absolviert werden. Dass es in der Nacht zum Dienstag heftig gewitterte und auch am Vormittag noch aus Kübel goss, brachte die Reiseplaner nicht aus der Ruhe. "Mit dem Wetter ist es wie mit der SPD, es kann nur besser werden", hieß es im Tross des Außenministers. Und tatsächlich - pünktlich zur Abfahrt mit den Fahrrädern riss der Himmel auf. Der Minister selbst sagte am Nachmittag zum Dauer-Umfragetief seiner Partei: "Es ist eine ungute Situation für die SPD, die mich aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht nervös macht." Auf die obligatorische Frage nach dem SPD-Kanzlerkandidaten und eigenen Ambitionen gab es wie gewohnt keine Antwort. Die SPD werde ihre Personalfragen zu gegebener Zeit regeln, sagte Steinmeier.

25 Stationen bis Samstag geplant

Dem ohnehin schon viel beschäftigten Außenminister, der bislang nie ein Parteiamt oder ein Mandat innehatte, steht reichlich neue Arbeit ins Haus: Er will nicht nur regelmäßig seinen Wahlkreis besuchen, sondern sich auch in der Partei stärker engagieren. Ende Oktober soll ihn der SPD-Parteitag zu einem der drei stellvertretenden SPD-Chefs küren. Mit welchem Ehrgeiz er an die neuen Aufgaben herangeht, zeigte der Blick auf sein Brandenburg-Programm: Rund 25 Stationen will er bis Samstag absolvieren, darunter zahlreiche Betriebs-, Kirchen- und Klinikbesichtigungen, eine Einschulungsfeier und eine Floßfahrt. Das Mammutprogramm wird nur unterbrochen durch die Kabinettsklausur in Meseberg am Donnerstag und Freitag.

Rund 200.000 Wahlberechtigte gibt es im Wahlkreis 60 südwestlich von Berlin. Steinmeiers eigentlicher Ortsverein Kirchmöser-Plaue, dem er kürzlich als 19. Mitglied beitrat, gehört zur Stadt Brandenburg. Dort will Steinmeier am Freitagabend Station machen. Zum Abschluss seiner Rundreise wird er am Samstag dann von Ministerpräsident Matthias Platzeck begleitet - der sich in einer Art brandenburgischem Rollentausch gerade mit einer Wirtschaftsdelegation in Moskau befindet.

Claudia Haas[AFP]

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