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Brandenburg: Potsdamer Krisenkonferenz

Abstimmung gegen den Landtags-Neubau: Parteien streiten über Ursachen und Konsequenzen

Potsdam - Das Nein des Stadtparlaments zum Aufbau des Stadtschlosses als neuen Landtag hat in Potsdam Betroffenheit, Entsetzen und Ratlosigkeit ausgelöst. Politiker von SPD und CDU sprachen von einem „schweren Schaden“ für Potsdam und suchten nach Lösungen, um den geplanten Landtagsbau doch noch zu retten. Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) sagte nach einer Sitzung des Baubeirats im Landtag, er prüfe jetzt, ob die Baugenehmigung ohne Bebauungsplan erteilt werden könne. Finanzminister Rainer Speer (SPD) und Landtagspräsident Gunter Fritsch (SPD) reagierten skeptisch. Speer will dem Landtag kurzfristig eine rechtliche Bewertung vorlegen.

Zuvor hatte Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) von einem schweren Rückschlag für Potsdam gesprochen und die PDS scharf angegriffen. Sie stellt im Stadtparlament mit 19 Abgeordneten die stärkste Fraktion und hat nach eigenen Angaben geschlossen gegen den Bebauungsplan gestimmt. Die PDS, insbesondere Stadt-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg, hätten sich „als späte Vollstrecker der Kahlschlagpolitik Ulbrichts“ erwiesen, so Platzeck. Der damalige SED-Chef hatte das Knobelsdorffsche Stadtschloss 1959/60 sprengen lassen. Platzeck hatte sich bereits als Potsdamer Oberbürgermeister für den Bau des Landtages in den Umrissen des Stadtschlosses auf dem Alten Markt stark gemacht. Zuvor waren alle Versuche, für das brachliegende Areal einen Investor zu gewinnen, gescheitert. Wenn die PDS und Scharfenberg jetzt von einer „neuen Chance für Potsdam“ sprächen, „ist das nur zynisch zu nennen“, sagte Platzeck weiter. Er warf der PDS Täuschung der Bürger vor, weil sie so tue, als könne das Geld für den Neubau jetzt in Potsdam anders eingesetzt werden.

Auch der Potsdamer PDS-Vorsitzende Peter Heuer sprach von einem „Neuanfang“ und brachte angesichts der instabilen Mehrheitsverhältnisse im Stadtparlament ein rot-rotes Bündnis ins Spiel. Heuer deutete an, dass dann mit der PDS auch über einen Landtagsneubau auf dem Schlossgrundriss geredet werden könne. „Dann müsste alles neu diskutiert werden.“ SPD-Generalsekretär Klaus Ness sieht hingegen derzeit keine Grundlage für ein rot-rotes Bündnis im Rathaus: Die Blockadepolitik der PDS und ihre „dümmliche politische Argumentation“ habe „in der SPD entstehendes Vertrauen zur PDS“ beeinträchtigt. „Dies wird Auswirkungen auf unser Verhältnis zur PDS haben“, so Ness. Solange Scharfenberg seine Position nicht revidiere, mache es keinen Sinn über Rot-Rot im Rathaus zu spekulieren.

Der PDS–Bundesvorsitzende Lothar Bisky, der jahrelang die Landtagsfraktion geführt hatte, bedauerte das Ende für den Landtagsneubau am Alten Markt. Er warnte aber davor, den Schwarzen Peter allein der PDS zuzuschieben: Es gebe im Stadtparlament eine Mehrheit außerhalb der PDS. Es habe offenkundig Versäumnisse von Landesregierung und Landtag gegeben. Auch der CDU-Landtagsabgeordnete Wieland Niekisch kritisierte, dass sich Landtags- und Ministerpräsident „mehr für das Projekt hätten einsetzen können und müssen“.

In der Stadt waren die Meimnungen darüber geteilt, ob es noch eine Chance für das Projekt gibt oder ob der provisorische Landtag in der ehemaligen Reichskriegsschule und früheren SED-Bezirksleitung auf dem Brauhausberg saniert werden soll. Wie Finanzminister Speer sieht SPD-Fraktionschef Günter Baaske für das Projekt „kaum noch eine Chance - auch wenn das wünschenswert wäre“. Die Abgeordneten könnten ihre Arbeit „auch gut am bisherigen Standort, dem Brauhausberg, machen“, sagte er. Die PDS sprach sich klar für die Sanierung des jetzigen Provisoriums aus. „Dafür gibt es bereits viele konzeptionelle Vorleistungen und es ist kostengünstiger“, erklärte die PDS-Landtagsabgeordnete Anita Tack.

Die CDU widersprach energisch. Niekisch, auch Mitglied im Baubeirat, wies darauf hin, dass das Projekt „schon weit vorangeschritten“ sei. Die Stadt habe 2001 den Aufbau des Schlosses mit historischer Fassade beschlossen, der Landtag habe sich 2005 auf einen Landtagsneubau auf Schlossgrundriss festgelegt. Stadt und Land hätten drei Kooperationsverträge abgeschlossen. Was fehle, sei allein das Planungs- und Baurecht. „Hier muss ein Weg gefunden werden.“ Auch der CDU-Innenpolitiker Sven Petke betonte, dass das Feld nicht den Gegnern des Landtagsschlosses überlassen werden dürfe. Er regte eine Bürgerbefragung an: Er sei sich sicher, dass die Mehrheit der Potsdamer sich für den Landtagsneubau aussprechen werde. Die Stadt könnte ein solches Signal nicht ignorieren. Der Generaldirektor der Preußischen Schlösserstiftung, Hartmut Dorgerloh rief Stadt und Land dazu auf, sich noch einmal die Karten zu legen, um das Projekt zu retten.

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