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Potzlow: Jugendlicher Mörder könnte bald frei sein

Als 16-Jähriger hat Marcel S. einen Gleichaltrigen gequält und ermordet. Im Sommer hat er zwei Drittel seiner Strafe abgesessen. Daher prüft das Amtsgericht Bad Freienwalde eine vorzeitige Haftentlassung.

Im Juli 2002 wurde der 16-jährige Marinus Schöberl in Potzlow bestialisch gequält und getötet. Sechs Jahre später kommt sein Mörder Marcel S. möglicherweise vorzeitig aus dem Gefängnis frei. Das bestätigte ein Sprecher des Landgerichts Frankfurt (Oder): „Wenn Marcel S. zwei Drittel seiner Strafe abgesessen hat, wird selbstverständlich geprüft, ob ihm der Rest der Haftzeit erlassen werden kann.“ Da Marcel S. seine Jugendstrafe in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Wriezen verbüßt, wäre für die Prüfung der vorzeitigen Entlassung das Amtsgericht Bad Freienwalde zuständig. Von dort war gestern keine Stellungnahme zu erhalten.

Volkmar Schöneburg, der Marcel S. vor dem Potsdamer Landgericht verteidigte, sagt: „Das Jugendstrafrecht stellt den Erziehungs- und nicht den Vergeltungsgedanken in den Mittelpunkt. Marcel hatte schon nach der Tat enorme Gewissensbisse, er hat das Geschehen zutiefst bereut. Er sollte eine Chance bekommen.“ Kriterien für eine vorzeitige Haftentlassung sind unter anderem eine von der Gefängnisleitung bestätigte positive Entwicklung, diverse Einschätzungen und Gutachten von Psychologen und eine Stellungnahme der Staatsanwaltschaft Neuruppin. Deren Sprecherin sagte auf Anfrage, momentan stehe noch nicht fest, ob die Staatsanwaltschaft einer vorzeitigen Entlassung zustimmen wird. Die Entscheidung treffe der Jugendrichter. Die Staatsanwaltschaft könne aber Beschwerde einlegen. Von der Gefängnisleitung in Wriezen hieß es gestern, man werde eine vorzeitige Entlassung befürworten. Marcel S. habe erfolgreich an Sozialtherapien teilgenommen, es bestehe die berechtigte Annahme, dass er künftig straffrei bleibe und resozialisiert werden könne.

Ein Mittäter sitzt bereits wieder in Haft

Der heute 22-jährige Marcel S. hatte Marinus Schöberl gemeinsam mit seinem Bruder Marco S., einem vorbestraften Neonazi, getötet, der zur Tatzeit 23 Jahre alt war und im Oktober 2003 zu fünfzehn Jahren Haft verurteilt wurde. Marcel S. wurde zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt. Die Brüder hatten ihr totes Opfer in eine Jauchegrube geworfen, der Fall löste deutschlandweit Entsetzen aus.

Ebenfalls an der Tat beteiligt, nach Ansicht der Richter aber nicht für den eigentlichen Mord verantwortlich, war der damals 17-jährige Sebastian F. aus Templin. Er hatte Marinus Schöberl „nur“ geschlagen und auf ihn uriniert und erhielt deshalb zunächst eine Bewährungsstrafe, die später in eine dreijährige Haftstrafe umgeändert wurde. Sebastian F. kam nach zwei Dritteln, also nach zwei Jahren, frei.

Seit März dieses Jahres befindet er sich wieder im Gefängnis. Wegen Trunkenheit im Verkehr muss er vier Monate absitzen. Am 1.April kamen weitere acht Monate dazu: Das Amtsgericht Prenzlau verurteilte F. ebenfalls wegen Trunkenheit im Verkehr und unerlaubten Waffenbesitzes: Er war der Polizei Mitte November 2007 in einer Gruppe von mehr als 20 Rechtsextremen aufgefallen, die ein Konzert in der Magdalenen-Kirche Templin mit lauten „Sieg Heil“-Rufen und anderen Parolen störten. Die Polizei nahm vier Männer in Gewahrsam, darunter Sebastian F., bei dem die Beamten einen Schlagring fanden. Da er sich nur zur Bewährung in Freiheit befand, muss er die Reststrafe für die Tat von Potzlow wahrscheinlich ebenfalls noch absitzen. Die Staatsanwaltschaft hat bereits den Widerruf der Bewährung beantragt.

Peter Huth

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