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Prozess-Auftakt: Drei Palästinenser wegen Doppelmords vor Gericht

Vor dem Langericht beginnt am Dienstag ein ungewöhnlicher Prozess. Einer der Angeklagten soll einer Terrorgruppe angehört und womöglich noch mehr Menschen umgebracht haben.

Von Sandra Dassler

Frankfurt (Oder) - Vor dem Landgericht soll heute ein ungewöhnlicher Prozess beginnen: Dabei geht es um einen Doppelmord in Dahlwitz-Hoppegarten. Am 6. November 2000 wurden dort der Autohändler Gazi Al-A. und seine Ehefrau Ulrike brutal ermordet. Diese hatte noch einen Notruf an die Polizei senden können. Ihr Autohaus sei überfallen worden, sagte sie, sie habe einen Kopfschuss erlitten. Als die Beamten eintrafen, war die 36-Jährige durch einen zweiten Kopfschuss getötet worden. Ihr Ehemann, ein 45-jähriger Palästinenser, starb durch Schüsse in Brust und Kopf. Die Täter erbeuteten mehrere hunderttausend Mark.

Weil das Verbrechen so brutal und profimäßig ausgeführt worden war, gab es schon damals viele Gerüchte. Während die einen die Täter in Kreisen der Automafia vermuteten, wollten andere wissen, dass der Autohändler früher zum Umfeld von Palästinenserchef Arafat gehört und für diesen Gelder in Deutschland gewaschen habe, was möglicherweise den arafatfeindlichen Tätern nicht gepasst habe. Nahrung erhielten diese Spekulationen, als der in Niedersachsen lebende Palästinenser Nidal A. 2001 den lange im Dunkeln tappenden Ermittlern einen Hinweis gab: Der Doppelmord von Dahlwitz- Hoppegarten sei angeblich von seinem Onkel Ibrahim A. (66) sowie dessen Sohn Bassam A. (39) und Schwiegersohn Abed N. (41) begangen worden. Ibrahim A. wurde daraufhin im September 2001 verhaftet. Während der Untersuchungshaft tauchten jedoch immer wieder Zweifel – auch an der Glaubwürdigkeit des Zeugen – auf, und so wurde Ibrahim A. ein knappes Jahr später wieder entlassen.

Es dauerte noch einmal rund vier Jahre, bis die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) die drei Verdächtigen dann doch anklagte. Doch das Landgericht hielt die Beweislage für nicht ausreichend, so dass der heutige Prozess erst nach einer Beschwerde der Staatsanwaltschaft beim Oberlandesgericht terminiert wurde.

Völlig offen ist allerdings, ob die drei Männer überhaupt auf der Anklagebank Platz nehmen werden. Sie leben in Schweden, zwei von ihnen sollen sich dort gar in Haft befinden. Ein Sprecher des Frankfurter Landgerichts sagte gestern, dass die Männer in Schweden geladen worden seien, auch über die zuständigen Gefängnisbehörden. Ob sie aber in Frankfurt erscheinen würden, wisse man nicht.

Der Justizsprecher wollte sich nicht zu Medienberichten äußern, wonach der Angeklagte Bassam A. ein ehemaliges Mitglied der palästinensischen Terrorgruppe von Abu Nidal sei und weitere Morde auf dem Gewissen habe. Das Magazin „Focus“ hatte berichtet, dass Bassam A. 2001 einen Bauunternehmer im sächsischen Großenhain ermordet habe. Außerdem soll er zu Beginn der 90er Jahre zwei Frauen in Bremen und Bremerhaven getötet haben, weil die eine sich weigerte, einen Anschlag auf eine US-Kaserne durchzuführen, und die andere davon wusste.

Die Vorwürfe stammen laut „Focus“ ebenfalls von Nidal A., dem Bassam A. außerdem auch die Morde von Dahlwitz- Hoppegarten gestanden haben soll.

Ob und wann der dubiose und in Polizei- und Geheimdienstkreisen offenbar nicht unbekannte Hauptbelastungszeuge Nidal A. bei dem Prozess in Frankfurt (Oder) auftreten wird, war gestern nicht zu erfahren. Das liegt auch daran, dass bislang 35 Verhandlungstage angesetzt wurden, an denen bis Ende September eine Vielzahl von Zeugen vernommen werden soll. Falls heute – wie gesagt – überhaupt jemand auf der Anklagebank Platz nimmt.

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