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Brandenburg: Rebellen unterm Windrad

Im kleinen Dorf Feldheim wollen sich die Einwohner künftig selbst mit Energie versorgen

Feldheim - Siegfried Kappert ist im Fläming geboren, und seitdem er denken kann, sagt er, ist eins immer im Überfluss da gewesen: Wind. Gegen die Windräder, die in der Nähe seines Hauses aufgestellt wurden, hat der Rentner auch nie etwas gehabt. Nur, dass die Preise für Energie ständig steigen, das verstehe er nicht. Doch darüber muss er sich in Zukunft wohl keine Sorgen machen. Seit kurzem gehören er und fast alle Einwohner des Ortsteils von Treuenbrietzen einer eingeschworenen Gemeinschaft an, die in Zukunft selbst Strom und Wärme für den eigenen Bedarf produzieren will.

Schon im kommenden Jahr, nach der Frostperiode, sollen die Bauarbeiten losgehen. Dann macht sich das kleine Dörfchen Feldheim als erste Gemeinde Brandenburgs auf den Weg in die Unabhängigkeit vom Energieversorger Eon. Die Baugenehmigung für die Biogasanlage, in der 2000 Kubikmeter Schweinegülle sowie 7000 Tonnen Maissilage und Roggenschrot als Brennstoff dienen, ist schon erteilt, sagt Projektentwickler Andreas Backofen. Im November sollen die Aufträge für die Bauarbeiten ausgeschrieben werden. Strom und Wärme, die hier produziert werden, sollen anschließend über eigene Kabel und Rohre zu den Verbrauchern kommen.

Die Energiequelle-GmbH betreut die Windkraftanlagen. 1998 wurden die ersten vier Windräder aufgestellt. Mittlerweile sind es über 40. „Die alleine könnten eigentlich schon die Drähte im Dorf glühen lassen“, sagt Backofen. Doch für den Fall, dass mal alle Räder stillstehen, soll das Blockheizkraftwerk der Biogasanlage, das für die Wärmeversorgung gebaut wird, auch noch Strom durch die Leitungen schicken. Dafür steht die im Ort ansässige Agrargenossenschaft gerade. Zusätzlich leisten alle, die von der geplanten Anlage profitieren, einen Beitrag. Jeder einzelne Abnehmer – fast jeder Einwohner des Treuenbrietzener Ortsteils – nämlich ist Gesellschafter der neu gegründeten Feldheim Energie GmbH & Co. KG. Insgesamt 43 Abnehmer sind es. Jeder bringt 3000 Euro als Einlage ein.

Dafür soll es auf lange Sicht garantiert günstigen Strom geben. Die Einwohner von Feldheim werden Backofen zufolge auch in zwanzig Jahren noch den gleichen Preis wie heute zahlen: Energiequelle verlangt derzeit 16,6 Cent brutto von seinen Abnehmern für jede Kilowattstunde Strom plus 5,50 Euro monatliche Grundgebühr. Eon rechnet in seinem günstigsten Tarif für einen Haushalt mit 3500 Kilowattstunden Jahresverbrauch derzeit 20,99 Cent pro Kilowattstunde ab, dazu 6,92 Euro Grundgebühr pro Monat.

Im Umweltministerium sieht man die Initiative mit Wohlwollen. In dieser Form sei die Initiative einzigartig in der Region. Besonders honoriert Jens-Uwe Schade, Sprecher der Behörde, die Tatsache, dass „die nicht gleich nach Fördergeldern rufen, sondern einfach machen.“ Dennoch hoffen die Unternehmer auf bis zu 45 Prozent Förderung für das zu errichtende Nahwärmenetz. Vom Landkreis wird derzeit ein geeignetes Programm gesucht.

Der Energiekonzern Eon steht der abtrünnigen Gemeinschaft anscheinend gelassen gegenüber. In der Abteilung für Unternehmenskommunikation war die kleine rebellische Gemeinde nach eigenen Angaben noch kein Thema. Alle Energieeinspeiser bzw. -anbieter würden gleich behandelt, und deshalb äußere sich der Konzern nicht zu den Geschäftskonzepten dieser Unternehmen, hieß es. 230 000 Kilowattstunden, hat Andreas Backofen ausgerechnet, wird der Konzern jährlich nicht mehr in Feldheim verkaufen. Aber das sei wohl nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Andreas Wilhelm

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