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Brandenburg: Rechtsextreme attackieren Polizei mit Brandanschlag

Privatwagen eines Beamten in Königs Wusterhausen wurde gezielt zerstört. Aus Sorge vor weiteren Angriffen verließ er mit seiner Familie die Stadt

Von Frank Jansen

Königs Wusterhausen - Die Glassplitter liegen noch auf dem Parkplatz. Das ist alles, was heute noch an den Wagen des Kriminalkommissars Kay Schmidt (Name geändert) erinnert. Am Abend des 31. Oktober zündeten junge Rechtsextremisten in Königs Wusterhausen das Fahrzeug an. Der Brandanschlag in einem Plattenbauviertel war offenbar ein gezielter Racheakt gegen den Polizeibeamten, der sich seit 2002 als Mitglied der Spezialeinheit „Tomeg“ (Täterorientierte Maßnahmen gegen extremistische Gewalt) mit der rechten Szene in der Kleinstadt befasste.

Brandenburgs Sicherheitsbehörden sind alarmiert. Ein Experte spricht sogar vom „Grenzbereich zum Terrorismus“. Das Polizeipräsidium Frankfurt (Oder) hielt die Situation für so bedrohlich, dass es dem Beamten rasch eine neue Stelle in größerer Entfernung von Königs Wusterhausen verschaffte. Der Polizist ist außerdem mit Frau und Kleinkind weggezogen.

Aus Sorge um die Sicherheit des Beamten wollte die Polizei ursprünglich nichts von der Gewalttat an die Öffentlichkeit dringen lassen. Der Tagesspiegel, der vor drei Wochen Informationen über den Anschlag erhielt, wurde um Zurückhaltung gebeten, bis der Polizist mit seiner Familie umgezogen sei. Denn der Angriff der Rechtsextremisten bedeute „eine neue Qualität“, sagt der Sprecher des Frankfurter Präsidiums, Peter Salender: Erstmals in der Geschichte des Bundeslandes Brandenburg habe es die rechte Szene gewagt, die Polizei mit einem Brandanschlag zu attackieren. Auch im Hinblick auf die Sicherheit der Ehefrau und der Tochter von Kay Schmidt habe ihm das Präsidium „ein neues Lebensumfeld gewährleistet“, so Salender. Zwar hätten Neonazis schon in der Vergangenheit Polizisten attackiert, auch geschlagen, doch habe es sich immer um spontane Angriffe meist angetrunkener junger Männer gehandelt .

Nach dem Anschlag bot die Polizei sofort alle verfügbaren Kräfte auf, um den oder die Täter zu fassen. Dies scheint auch schon einen Tag später gelungen zu sein. Vier Rechtsextremisten im Alter von 15, 16, 17 und 24 Jahren wurden festgenommen. Die Polizei konnte die Tatverdächtigen so schnell ermitteln, weil sie beim Benzinzapfen an einer nahen Tankstelle von der Überwachungskamera gefilmt worden waren. Gegen den Erwachsenen wurde Haftbefehl erlassen, ein Jugendlicher kam in ein Heim. Die Staatsanwaltschaft Potsdam hat ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Auf die Festnahmen reagierte die rechte Szene mit Wut. Ein Neonazi meldete zwei Demonstrationen „gegen Polizeiwillkür“ vor der Wache in Königs Wusterhausen an. Die Aufzüge wurden verboten, die Rechtsextremisten wichen nach Berlin aus. Etwa 50 Neonazis, darunter frühere Mitglieder verbotener Kameradschaften, marschierten Anfang November durch Prenzlauer Berg und skandierten „Freiheit für nationale Sozialisten“.

Der Beamte Kay Schmidt äußert sich nur zögernd zu dem Anschlag auf seinen Pkw. „Es bleibt die Sorge um meine Familie“, sagt Schmidt. Mit seiner Angst um die eigene Sicherheit könne er „professionell umgehen“. Trotzdem steckt ihm der Tatabend noch in den Gliedern. Zunächst sei in seinem Briefkasten ein Böller explodiert, sagt Schmidt, später habe sein Wagen in Flammen gestanden. Die vom Tagesspiegel kürzlich am Tatort befragten Jugendlichen gaben sich indes amüsiert. Eine junge Frau sagte, dass der „Polizeiwagen“ gebrannt habe, „find’ ich lustig“.

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