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Rechtsextremismus: Täter immer häufiger organisiert

Rechtsextreme Straftäter werden nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft Neuruppin zunehmend von einschlägigen Organisationen beeinflusst. Der Trend führe weg vom Täterbild des "rechtsextremen Kampftrinkers".

Neuruppin - Die bereits 2005 erkennbare Tendenz habe sich 2006 verstärkt, sagte der leitende Oberstaatsanwalt Gerd Schnittcher. Der neue Tätertyp sei ein "geistiger Brandstifter mit verfestigter rechtsextremer Gesinnung". Das belegten im Jahr 2006 geführte Verfahren.

Als Beispiel nannte Schnittcher den Fall des 19 Jahre alten Marcus M. aus Rheinsberg. Er wurde im vergangenen Jahr wegen mehrerer Anschläge auf Geschäfte ausländischer Inhaber zu zehn Monaten Gefängnis verurteilt. Der junge Mann steht nach Erkenntnissen der Anklagebehörde der rechtsextremen NPD nahe. Ferner verwies Schnittcher auf ein Verfahren gegen Mitglieder der zwischenzeitlich verbotenen Vereinigung "Schutzbund Deutschland" wegen Volksverhetzung und Beleidigung.

Oberstaatsanwältin Lolita Lodenkämper verwies auf Ermittlungen gegen sieben Heranwachsende wegen des Verstoßes gegen das im Versammlungsgesetz geregelte Uniformierungsverbot. Die jungen Leute im Alter von 18 und 19 Jahren hatten sich im "Sturm Oranienburg" organisiert und Shirts mit diesem Logo getragen. Bei einer Razzia in den Wohnungen in Oranienburg, Velten und Kremmen wurden unter anderem Teleskopschlagstöcke, Baseballschläger, Wurfmesser, eine Armbrust sowie Fahnen sichergestellt. Einige der Jugendlichen waren der Polizei bereits wegen Staatsschutzdelikten und Gewalttaten bekannt. Die Ermittlungen dauern laut Lodenkämper noch an. Es sei aber von einer Anklage auszugehen.

Schnelle Gerichtsverfahren

Verfahren wegen politisch motivierter Kriminalität hätten bei der Neuruppiner Staatsanwaltschaft oberste Priorität, hob Schnittcher hervor. 2006 seien bei der Anklagebehörde wie in den Vorjahren knapp 500 Verfahren mit antisemitischem, fremdenfeindlichem oder rechtsextremistischem Hintergrund gegen bekannte Täter geführt worden. Dabei habe es zehn beschleunigte Verfahren gegeben. So sei im April nur vier Tage nach der Tat ein Heranwachsender wegen eines Angriffs auf einen Asylbewerber zu einer dreimonatigen Freiheitsstrafe verurteilt worden.

Schnittcher betonte, die Behörde werde an ihrer Strategie zur Verfolgung rechtsextremer Straftaten festhalten. Die Stichworte lauteten Wachsamkeit, Null Toleranz, schnelle Reaktion und fühlbare Bestrafung. Es sollten vermehrt beschleunigte Verfahren angewandt werden. Ferner sollten auch bei nicht vorbelasteten Ersttätern Strafen verhängt werden, von denen eine präventive Wirkung ausgehe.

Bei der Anklagebehörde in Neuruppin sind derzeit 45 Staatsanwälte tätig. Sie haben 2006 insgesamt mehr als 55.900 Verfahren bearbeitet, davon knapp 36.000 gegen Unbekannt. Fast 1900 Verfahren drehten sich um Drogenkriminalität. Außerdem gingen bei der Behörde mehr als 220 Verfahren wegen Korruptionsverdachts ein. Schnittcher wies darauf hin, dass sich fast 9500 Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende zwischen 14 und 21 Jahre richteten. (tso/ddp)

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