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Geschützte Wildnis. Im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin kann man Wölfe sehen.

© dpa

Reservat Schorfheide-Chorin: Grüne Personalie bereitet Rot-Rot Probleme

Die Führung des Reservats Schorfheide-Chorin, einer der wichtigsten Naturschutzposten im Land, ist zum Politikum geworden.

Die Personalie ist heikel für die von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) geführte rot-rote Regierung: Brandenburgs Umweltministerin Anita Tack (Linke) muss die Führung des zum Unesco-Welterbe gehörenden Biosphärenreservates Schorfheide-Chorin neu besetzen, einen der wichtigsten Naturschutzposten im Land überhaupt, um den nun schon länger erbittert gefochten wird. Ein Fall, in dem der Regierungschef eingeschaltet ist. „Es ist ein schwieriges Thema. Ich will den Sommer nutzen, um die Angelegenheit endlich zu klären“, sagte Tacks Staatssekretär Heinrich-Daniel Rühmkorf dem Tagesspiegel. Es gebe deswegen eine „unglaubliche Unruhe in und außerhalb des Hauses“.

Und die hat Gründe. Es geht um ein Politikum, um eine Altlast aus der früheren Regierung vor Rot-Rot. Das Arbeitsgericht Potsdam hat die Entscheidung aus der Amtszeit des damaligen Agrar- und Umweltministers Dietmar Woidke, heute immerhin Chef der SPD-Landtagsfraktion, den Naturschutzposten in der Schorfheide mit der fachfremden Forstbeamtin Constanze Knape zu besetzen, nämlich in einem aufsehenerregenden Urteil gerade nachträglich gekippt. Und zwar wegen „eklatanter Verfahrensfehler“, wie es in der Urteilsbegründung heißt. Danach gab es damals kein faires Besetzungsverfahren, Knape wurde auf den Posten durchgedrückt, obwohl es bessere Bewerber gab. Brandenburg habe gegen das Grundrecht der „Chancengleichheit beim Zugang von öffentlichen Ämtern verstoßen", so das Urteil. Die Entscheidung zugunsten Knapes stand wohl schon vorher fest. Das Gericht rügt jedenfalls, dass der Vorschlag mit ihrem Namen schon vor der Entscheidung der Auswahlkommission an den Personalrat gegangen sei.

Es ist ein heikles Thema für Anita Tack, der Ministerin für Umwelt.
Es ist ein heikles Thema für Anita Tack, der Ministerin für Umwelt.

© promo

Das Urteil hat ein damals unterlegener Bewerber erstritten, ein profilierter Brandenburger Naturschutzexperte, Martin Flade, langjähriger Referatsleiter für Naturparke in der Abteilung Großschutzgebiete im Landesumweltamt. Er war einer von mehreren Konkurrenten-Klägern gegen die Knape-Personalie, die bei Naturschutzverbänden im Land als „Personalpolitik nach Gutsherrenart“ kritisiert und als Versuch gewertet worden war, den Einfluss des Naturschutzes weiter zurückzudrängen. Flade selbst war im Woidke-Ministerium zudem in Ungnade gefallen, weil er anders als seine Vorgesetzten kein Auge zudrücken wollte, als hunderte uralte Eichen im Totalreservat Redernswalde durch die private Naturschutzstiftung eines einflussreichen Unternehmers gefällt wurden. Ein Skandal, der im märkischen Sande verlaufen war.

Wie es nach der Gerichtsrüge mit der Besetzung des Direktorenpostens weiter geht, ist unklar. Linke-Ministerin Tack gerät von allen Seiten unter Druck, etwa von der Naturschutzlobby. So hat jetzt die renommierte Michael-Succow-Stiftung mit anderen Naturschutzstiftungen in einem Schreiben an Platzeck appelliert, dass Brandenburg „umgehend handelt und die vakante Stelle so schnell als möglich mit einer geeigneten fachkompetenten Persönlichkeit nach ordentlichem Verfahren besetzt“. Dies sei vor allem „geboten angesichts der Unsicherheit und teilweisen Handlungsunfähigkeit der Biosphärenreservatsverwaltung“, die eine kommissarische Besetzung mit sich bringe. Die Unterzeichner – darunter mit dem profilierten Ökologen Michael Succow und dem früheren Reservatsleiter und Ex-Umweltminister Eberhard Henne zwei Weggefährten von Platzeck, der selbst lange Umweltminister war – sehen sich sogar zur Mahnung veranlasst, dass die Entscheidung „nicht durch partei- oder kommunalpolitische Einzelinteressen beeinflusst wird“.

Zuvor hatten freilich Bürgermeister der Region ebenfalls in einem Brief an Platzeck offen für die kommissarisch amtierende Knape geworben, die „Akzeptanz findet (…) überall in der Region durch ihre hohe fachliche Kompetenz und Souveränität“ sowie ihr „Eingehen auf die Menschen und Gemeinden (...), ohne den Umwelt- und Naturschutz dabei zu vernachlässigen“. Das Schreiben war pikanterweise auch von Parteifreunden Tacks unterschrieben, nämlich von den Landtagsabgeordneten Margitta Mächtig und Michael Luthardt. Die beiden sind jedoch dem Vernehmen nach inzwischen davon wieder abgerückt.

Bemerkenswert ist der regierungsamtliche Antwortbrief, der das damalige Vorgehen verteidigt. Knape sei „im Ergebnis eines strukturierten Auswahlverfahrens“ für die Leitung des Biosphärenreservates ausgesucht worden. Der Abteilungsleiter, der den Brief verfasst hat, lasse „weitere rechtliche Schritte“ prüfen. Danach schließt man im Ministerium nicht aus, gegen Flade in Berufung zu gehen. In der Umweltschutzszene Brandenburgs würde das als Affront gewertet. Dabei hat Ministerin Tack dort bislang gepunktet, weil sie den jahrelang kurz gehaltenen Natur- und Umweltschutz stärkt.

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