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Brandenburg: Riesen-Schweinerei

In der Uckermark soll eine Mastanlage für 85 000 Tiere entstehen

Haßleben. Die Uckermark könnte schon bald mit einem Superlativ aufwarten, der vielen Einwohnern buchstäblich in die Nase steigen wird: die größte Schweinemastanlage Deutschland. Sie soll Ende des Jahres in Haßleben in der Nähe der Kurstadt Templin ihren Betrieb aufnehmen. 85 000 Schweine, die etwa 500 Kubikmeter Gülle pro Tag produzieren, werden dann hier gefüttert und geschlachtet. Während der niederländische Investor Harrie van Gennip der unter hoher Arbeitslosigkeit leidenden Region 80 Kilometer nördlich Berlins mindestens 50 neue Jobs verspricht, organisieren Umwelt- und Naturschützer sowie viele Anwohner Widerstand. Sie haben sich in der Bürgerinitiative „Kontra Industrieschwein Haßleben“ vereinigt.

„Es gibt viele ethische Gründe als auch erhebliche Umweltbedenken, die gegen eine solche riesige Anlage sprechen“, sagt Ernst Prieß vom Naturschutzbund. „Massentierhaltung ist ein Kulturverfall.“ Die Tiere würden in den Hallen von der Geburt bis zur Schlachtung nie Sonnenlicht sehen und auch sonst ohne Rücksicht auf ihre Bedürfnisse gehalten. Außerdem vernichteten solche hochtechnologisierten Fabriken Arbeitsplätze in kleineren Betrieben, die mit den Preisen der Großanlage nicht mithalten könnten.

Schon zu DDR-Zeiten gehörte Ernst Prieß zu den größten Widersachern der 1975 in Haßleben eröffneten Schweinemast- und Zuchtanlage. Damals standen hier 140 000 Schweine in Hallen, die 20 Fußballfeldern Platz geboten hätten. 700 Menschen fanden eine Beschäftigung. Für sie entstanden mehrere Plattenbauten, die das Bild des alten Dorfes nachhaltig veränderten. Prieß und andere Wissenschaftler stellten zahlreiche Untersuchungen an, die die Schäden an Grundwasser und Waldboden durch die Ausbringung der großen Güllemengen belegten. Doch Gehör fanden sie kaum. Erst 1991 kam die Weisung des Bundesumweltministeriums, alle Großviehanlagen im Osten auf eine Gefährdung der Umgebung zu prüfen. Haßleben bestand den Test nicht und wurde geschlossen.

Unternehmer Harrie van Gennip, der 20 Millionen Euro investieren will, lehnt den Vergleich mit den aus DDR-Zeiten bekannten Belästigungen ab. „Es wird eine neue Lüftungsanlage eingebaut, so dass weniger Gerüche und Ammoniak frei werden“, sagte er kürzlich in einem Interview mit dem RBB. Außerdem würden eine Kühlanlage und eine Biogasanlage installiert, die ebenfalls den Gestank reduzierten.

Die Kritiker geben sich damit nicht zufrieden. „Viele Seen, die sich in den vergangenen Jahren vom langen Nährstoffeintrag etwas erholen konnten und sich wieder zum Baden eignen, sind nun erneut bedroht“, heißt es in einem Schreiben der Bürgerinitiative. Ammoniak breite sich über die Luft im Umkreis von fast zwei Kilometern aus, so dass neben Haßleben auch das Nachbardorf Kuhz und mehrere Seen belastet würden. Dazu komme ein starker Verkehr von Lastwagen für das Futter, die Schweine und die Gülle.

„Dabei setzen wir in der Uckermark auf den Tourismus“, sagt Ernst Prieß. „Doch kein Besucher kommt in eine anrüchige und belastete Gegend.“ Das Brandenburger Landwirtschaftsministerium versucht zu beruhigen: Gülle sei generell nicht mit Giftstoffen zu vergleichen, sagte ein Sprecher. Es käme immer auf die jeweilige Menge an. In den Niederlanden selbst sind große Massenzuchtanlagen in der Nähe von Ortschaften untersagt.

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