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Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke.

© dpa

Rot-rote Koalition in Brandenburg: Fette Jahre für das ostdeutsche Aufsteigerland

Mit sozialen Wohltaten erkauft sich Rot-Rot II Ruhe in Brandenburg. Denn in diesem trägen, eher veränderungsresistenten Land muss die größte Reform der nächsten Jahre angepackt werden. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Thorsten Metzner

Tempo, Tempo! In Brandenburg haben  es Ministerpräsident Dietmar Woidke und seine Linken-Koalitionäre offensichtlich eilig, mit dem Regieren anzufangen. Keine drei Wochen nach der Landtagswahl - und der Vertrag für das aufgewärmte rot-rote Bündnis ist schon unter Dach und Fach. Die Sachsen, die früher gewählt haben, verhandeln noch. Die Thüringer, die am gleichen Tag gewählt haben, sondieren immer noch ihre unberechenbaren Verhältnisse.

Wie kommt es in Brandenburg zu dieser Geschwindigkeit, die diametral im Gegensatz zur Trägheit, zum geruhsamen Grundrhythmus des Landes und seiner Leute steht? Nun, der Koalitionsvertrag belegt es Schwarz auf Weiß: Es sind fette Jahre für das ostdeutsche Aufsteigerland, die Wirtschaft brummt, die Steuern sprudeln, noch nie bei einer Regierungsbildung im letzten Jahrzehnt konnte so viel Geld ausgegeben werden, eine drei Viertel Milliarde zusätzlich in den nächsten fünf Jahren, für mehr Lehrer, mehr Polizisten, gegen Schlaglöcher auf den Holperstraßen des Landes, an den Hoch- und Musikschulen, in den Kindergärten, überall eigentlich. Und das, ohne neue Schulden aufnehmen zu müssen. Das erleichtert das Verhandeln ungemein, heikle Themen wie der Umgang mit der Braunkohle wurden aufs Regierungsgeschäft vertagt.

Nur ein Weiter so? Ein Verwalten?

Es ist ein Programm, in dem Sozialpolitik dominiert, weshalb die Linke-Basis dem Koalitionsvertrag auch zustimmen wird. Aber es ist auch eine Unwucht, die der Preis für das rot-rote Bündnis ist, das Woidke anfangs aus gutem Grund nicht wollte, es lieber mit der Union versucht hätte, wenn die regierungsfähig gewesen wäre. Nur ein Weiter so? Ein Verwalten?

Nicht ganz. Die gesamte Verwaltungsstruktur im Land, so der rot-rote Plan, soll umgekrempelt werden, Landkreise sollen fusionieren, die großen, aber bitterarmen Städte mit immer weniger Einwohnern sollen ihre Eigenständigkeit verlieren. Das geschieht spät, fast zu spät, ist aber nötig, da in den Weiten der Mark immer weniger Menschen leben, die Demografie andere Strukturen erzwingt. Und das  ist eine Abkehr von rot-roter Symbolpolitik unter Woidkes Vorgänger Matthias Platzeck der letzten Jahre, in denen vieles stagnierte, liegen lieb. Mit sozialen Wohltaten erkauft sich Rot-Rot II Ruhe in Brandenburg, um in diesem trägen, eher veränderungsresistenten Land die größte Reform der nächsten Jahre anzupacken. Wenigstens das.

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