zum Hauptinhalt

Brandenburg: Schelter-Affäre: Kurt Schelter vertraut auf seine Richter

Dass der Antrittsbesuch des Justizministers bei der Potsdamer Staatsanwaltschaft erst jetzt, erst nach einem Jahr, stattfindet, hat einen einfachen Grund. "Es ist eine Behörde, die mir keine Sorgen macht", sagt Kurt Schelter (CDU) gestern auf der anschließenden Pressekonferenz.

Dass der Antrittsbesuch des Justizministers bei der Potsdamer Staatsanwaltschaft erst jetzt, erst nach einem Jahr, stattfindet, hat einen einfachen Grund. "Es ist eine Behörde, die mir keine Sorgen macht", sagt Kurt Schelter (CDU) gestern auf der anschließenden Pressekonferenz. Diese offenherzige Auskunft lässt ahnen, wieviele Sorgen ihm andere märkische Justizbehörden, Gefängnisse oder eben Gerichte bereitet haben.

Zwei Tage sind vergangen, seitdem die PDS-Opposition im Landtag seinen Rücktritt forderte, weil Schelters Büroleiter Ulrich Herrmann - inzwischen Vize-Pressesprecher des Ministeriums - im Sommer eine Neuruppiner Richterin so unter Druck gesetzt hatte, dass selbst der zurückhaltende Oberlandesgerichtspräsident Peter Macke darin einen Eingriff in die Unabhängigkeit der Justiz sah. Nachdem die Richterin Kerstin Kröske ihre Klage in einer gemeinsamen Erklärung mit dem Minister zurückgezogen hatte, betonte Schelter zwar, dass für ihn der Fall damit "erledigt" sei. Doch für die Neue Richtervereinigung, Landesverband Berlin/Brandenburg, war der Fall damit noch nicht erledigt: "Das für das Amt des Justizministers unabdingbar erforderliche Vertrauensverhältnis zwischen Justizminister und der Richterschaft bleibt auch nach dieser Erklärung unheilbar zerrüttet", erklärte der Zusammenschluss von Richtern und Staatsanwälten am Mittwoch.

Als Schelter beim Besuch der Potsdamer Behörde zur Affäre befragt wird, antwortet er selbstsicher wie eh und je, keine Spur von Selbstkritik oder Nachdenklichkeit. Dass der SPD-Rechtsexperte Peter Muschalla jetzt offen seinen Rücktritt fordert, weil Schelter weiterhin jeden Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit bestreitet? "Kann ich nicht nachvollziehen." Wird die Affäre zur unendlichen Geschichte? "Die Zeit heilt alle Wunden." Wie der Justizminister das gestörte Verhältnis zur Richterschaft verbessern will? Schelter: "Ich kann kein gestörtes Vertrauensverhältnis zwischen Richterschaft und Justizminister feststellen" Es gebe allenfalls "Probleme" mit der organisierten Richterschaft. Dabei hatte selbst Regierungschef Manfred Stolpe in der Landtagsdebatte eingeräumt, dass das Vertrauen zwischen Richterschaft und Justizminister "beschädigt" sei - wobei Stolpe im Gegensatz zur PDS-Opposition, zur ÖTV und zur Neuen Richtervereinigung davon ausging, dass es "wiederherzustellen" sei. "Nicht aber mit solchen Tönen", sagte ein SPD-Abgeordneter gestern, dem zu Schelter nur zwei Begriffe einfallen: "Instinktlosigkeit und Beratungsresistenz."

Mit den Staatsanwälten hat Kurt Schelter dagegen keine Probleme. Und mit der Potsdamer Staatsanwaltschaft schon gar nicht, die Schelter bei seinem Besuch in den höchsten Tönen lobt. Die Potsdamer Staatsanwaltschaft ist bekanntlich nicht irgendeine im Lande. Für die frühere SPD-Alleinregierung lange eher ein rotes Tuch, erfeute sich die Ermittlungsbehörde bei der damaligen CDU-Opposition um so größerer Beliebtheit. Der Grund: Hier wurden en masse politisch brisante Ermittlungsverfahren gegen maßgebliche brandenburgische SPD-Politiker geführt, wie gegen Hildebrandts Gesundheitsstaatssekretär Detlef Affeld und rund dreißig Beamte des Sozialministeriums wegen Haushaltsuntreue, gegen Ministerpräsident Manfred Stolpe wegen der ungeklärten Umstände der Verleihung der DDR-Verdienstmedaille, gegen den einstigen Bauminister Jochen Wolf, gegen Agrarminister Edwin Zimmermann wegen der Backofen-Affäre oder auch gegen den Potsdamer Baustadtrat Detlef Kaminski. Schelter, darauf angesprochen: Er habe die Überzeugung gewonnen, "dass die Potsdamer Staatsanwaltschaft gerade diese heiklen Verfahren in großer Professionalität und streng nach Recht und Gesetz durchgeführt hat."

Behördenchef Rüdiger Michalik macht im Rückblick kein Hehl daraus, dass diese Verfahren nicht unbedingt auf Gegenliebe bei vorgesetzten Behörden stießen, wobei es "direkte" Einflussversuche nie gegeben habe. Michalik: "Wir hatten das nötige Rückgrat." Zum Abschluss gibt der Chef der Potsdamer Staatsanwaltschaft dem Justizminister ein Kompliment zurück: "Wer mich kennt, weiß, dass ich eine feste Hand schätze."

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false