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Schmogrow: Eiche der Zwietracht

Ein Bäumchen in Schmogrow soll an die Einheit erinnern. Jetzt spaltet ein Streit um das Gewächs das Dorf. Am Sonntag stimmen die Bürger über sein Schicksal ab.

Von Sandra Dassler

Schmogrow - Werner Kossatz hat Tränen in den Augen: „Das ist doch nicht irgendeine Eiche“, sagt der 54-Jährige mit belegter Stimme: „Sie ist ein Symbol der deutschen Einheit. Das ganze Dorf hat sie unter Glockengeläut gepflanzt und jetzt soll sie beseitigt werden – ausgerechnet 20 Jahre nach dem Mauerfall!“

Die Eiche, oder besser gesagt: das Eichlein, steht dürr und unscheinbar neben dem Kriegerdenkmal und einem Laternenmast. Am Mast hängt ein Plakat, auf dem der Landrat des Spree-Neiße-Kreises, Dieter Friese (SPD), für seine Wiederwahl wirbt. Am heutigen Sonntag werden die Bürger von Schmogrow, einem kleinen Dorf am südlichen Rand des Spreewalds, über ihren künftigen Landrat abstimmen. Und über das Schicksal des kleinen Baumes mit dem großen Namen: Eiche der Deutschen Einheit. Rund 800 Menschen aus Schmogrow und dem eingemeindeten Nachbarort Fehrow sollen per Bürgerentscheid die Frage beantworten: „Sind sie dafür, dass die kommunale Eiche der Deutschen Einheit an ihrem historischen Standort ... verbleibt?“

Dabei seien die Schmogrower am 3.Oktober 1990 so stolz auf ihre Eiche gewesen, erzählt Dieter Schulz, und zeigt Fotos von der Feier mit Chor und Kindern und Feuerwehr. Schulz war damals für die CDU Gemeindevorsteher von Schmogrow und der Gemeinderat hatte den Beschluss, zur Erinnerung an die Wiedervereinigung in der Ortsmitte eine Eiche pflanzen zu lassen, einstimmig gefasst.

Heute ist Schulz Gemeindevertreter und gemeinsam mit Werner Kossatz von der CDU einer der wenigen Abgeordneten, die für die Eiche kämpfen. Ausgelöst wurde der Zwist ihrer Ansicht nach vor allem von dem jetzigen Ortsvorsteher Hubertus Bramer. Der wolle an gleicher Stelle nämlich lieber einen Mai- und einen Weihnachtsbaum aufstellen, um hier künftig zünftig feiern zu können.

Schon 2003 habe Bramer die Einheitseiche einfach abgesägt, erzählt Dieter Schulz: „Dabei hat er den Baum selbst mit eingepflanzt.“ Zum Beweis zeigt er ein Foto. Doch 2004 habe der Gemeinderat einen Beschluss gefasst, dass eine Ersatz-Eiche gepflanzt werden müsse, was auch geschah.

„Dieser Beschluss ist nie rückgängig gemacht worden“, sagt Kossatz. Als er und Schulz im vergangenen November hören, dass ein Gemeindearbeiter dabei sei, die Ersatz-Eiche zu entfernen, schritten sie ein. Informierten Polizei, Amtsverwaltung und Untere Naturschutzbehörde. Mit Erfolg. Der Baum blieb erst einmal, wo er war, und 138 Unterschriften für einen Bürgerentscheid kamen schnell zusammen. „Einen Mai- oder Weihnachtsbaum könnte man auch 50 Meter weiter vor der sanierten alten Schule aufstellen“, sagt Dieter Schulz: „Die Eiche der Deutschen Einheit ist den jetzigen roten Machthabern in Schmogrow einfach ein Dorn im Auge.“

Ortsvorsteher Hubertus Bramer kann darüber nur den Kopf schütteln. Er sei weder rot noch gegen die deutsche Einheit, versichert er. „Ich will die Eiche auch nicht abholzen sondern nur versetzen, um endlich einen anständigen Platz für Dorffeste zu haben. Und 2003 habe ich die Eiche entfernt, weil sie krank war und vor sich hin mickerte.“ Alles Lüge, behaupten seine Gegner. Die Eiche sei prächtig gediehen.

Für den Erhalt der Ersatz-Eiche genügt beim heutigen Bürgerentscheid die einfache Mehrheit. Allerdings müssen sich 25 Prozent der Wahlberechtigten daran beteiligen, und vielen Schmogrowern ist das Thema schnuppe. „Deutsche Einheit hin oder her, das interessiert hier kaum einen“, sagt eine Frau, die ihren Namen nicht nennen will.

Sie selbst gehört allerdings zu jenen Einwohnern, die aus ganz anderen Gründen zur Abstimmung gehen: „Ich stimme mit Ja, weil ich in der Nähe wohne. Und wenn da künftig Maifeste stattfinden, werden die Betrunkenen nicht nur an das Kriegerdenkmal, sondern auch an mein Haus pinkeln. Dann lieber die Eiche der Einheit.“

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