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Brandenburg: Schmuddelecke im schmucken Dorf

Auf dem zum Verkauf stehenden Areal arbeiteten früher LPG-Angestellte

Kleinow - Das ins Visier der NPD getretene Gebäude fällt in Kleinow sofort ins Auge: Es ist nicht renoviert und erinnert mit seinen beiden Barackenreihen an tiefste DDR-Zeiten. Nur die Fassade des zweistöckigen Haupthauses zur Landstraße wurde teilweise weiß getüncht, mittendrin aber scheint die Arbeit abgebrochen worden zu sein. An den aus Presspappe und Holz gebauten Baracken wurde noch gar nichts gemacht. Hier saßen bis Anfang der 90er Jahre Büro-Angestellte der LPG Tierproduktion, die die Wende nicht lange überlebte. Ansonsten gehört Kleinow zu den schmucksten Dörfern in diesem Teil der Prignitz. Die Hauptstraße hat ein frisches Pflaster, die Fußwege und Vorgärten sind gepflegt.

Die meisten Häuser entsprechen dem typisch norddeutschen Baustil, mit Klinkern und ausladendem Windfang vor der Eingangstür. An diesem regnerischen Donnerstag ist kaum ein Einwohner auf der Straße. Nur ausgerechnet in der Nähe des zum NPD-Schulungszentrum auserkorenen Geländes herrscht reger Betrieb. Eltern holen ihre Kinder mit dem Auto von der Grundschule „Thomas Müntzer“ ab, ältere Schüler warten auf den Bus.

Der Eigentümer des früheren LPG-Bürogebäudes hebt entschuldigend die Schultern. „Mit den NPD-Gruppierungen habe ich überhaupt nichts am Hut“, sagt Norbert R., der in einem Nachbardorf wohnt. „Ich bin durch und durch Demokrat, stehe aber finanziell mit dem Rücken zur Wand. Ich muss verkaufen und außer dem Herrn Rieger hat sich leider kein Interessent bei mir gemeldet.“ Der Mann aus Berlin ist mit seiner Familie vor einigen Jahren in die Prignitz gezogen. Er habe große Pläne mit der LPG-Hinterlassenschaft gehabt: „Mit meiner Frau wollte ich ein Ferienlager für Stadtkinder eröffnen und dafür die Zimmer aus- und umbauen.“ Gespräche mit einem benachbarten Reiterhof und einem Gastwirt seien erfolgversprechend gewesen. Als dann aber vor einiger Zeit die Küche abbrannte, musste er alle Ersparnisse für die Renovierung einsetzen. Sämtliche Verhandlungen mit den Banken, ihm einen Kredit für den Umbau zum Ferienlager zur Verfügung zu stellen, seien gescheitert, bedauert Norbert R. Zur schwierigen wirtschaftlichen Lage kämen die Sorgen um sein Kind, das wegen einer Krankheit ständige Betreuung brauche.

Der Kontakt zu dem NPD-Anwalt Rieger sei über den Motorradclub „Scullcrusher“ zustande gekommen. Der Verein habe zwei Jahre lang die Räumlichkeiten ab und zu genutzt, wolle jetzt aber seinen Pachtvertrag nicht mehr verlängern, sagt Norbert R.

Im Dorf selbst sind die Pläne der NPD noch nicht bei allen ein Thema. Der Inhaber des Antik- und Trödelhandels im ehemaligen Dorfgasthof sagt zwar, „das wäre eine Katastrophe. Ich hoffe nur, dass die Einwohner kräftig dagegen protestieren.“ Andere Frauen und Männer aber zucken auf die Frage nach ihrer Meinung mit den Schultern. „Wir wissen davon noch gar nichts“, sagt ein Mann aus dem Haus gegenüber der früheren LPG. Eine Frau schüttelt den Kopf. „Ich glaube das nicht, was wollen denn die Neonazis ausgerechnet in unserem schönen Ort.“ Ste.

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