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Brandenburg: Schönbohm will tabulos sparen und geißelt SPD-FinanzpolitikHaushaltskrise löst heftige Debatte in der Großen Koalition aus

Potsdam. Wegen der dramatischen Steuerausfälle befinde sich die Koalition nach Ansicht von CDU-Landeschef und Innenminister Jörg Schönbohm am Scheideweg: Vieles, was im Koalitionsvertrag stehe, sei Makulatur.

Potsdam. Wegen der dramatischen Steuerausfälle befinde sich die Koalition nach Ansicht von CDU-Landeschef und Innenminister Jörg Schönbohm am Scheideweg: Vieles, was im Koalitionsvertrag stehe, sei Makulatur. „Wir müssen überlegen, von welchen Dingen wir Abstand nehmen“, sagte er am Donnerstag. „Das Wasser steht uns bis zum Hals.“ Weiter sagte er: Um die gewaltigen Löcher – allein in diesem Jahr fehlen 700 Millionen Euro – zu schließen, müsse mit Tabus gebrochen und von „Besitzständen“ Abstand genommen werden. Die Koalition stehe vor ihrer bisher „schwierigsten Operation“.

Schönbohm sagte Finanzministerin Dagmar Ziegler (SPD) grundsätzlich Unterstützung bei dem von ihr angekündigten rigiden Sparschritten zu. Ziegler hatte zuvor im Tagesspiegel erklärt, wegen der dramatischen Steuerausfälle könnten künftig möglicherweise „ganze Politikfelder“ nicht mehr finanziert werden. Strukturelle Einschnitte seien unumgänglich. Generell müssten alle Ausgaben auf das im Westen übliche Maß heruntergeschraubt werden. Sie nannte unter anderem Kitas und Polizei. Auch Schönbohm ließ keinen Zweifel an der Notwendigkeit zu zparen. So müsse man fragen, ob Brandenburg sich die vielen Landesanstalten und -ämter noch leisten könne. Auch müsse über betriebsbedingte Kündigungen in der Verwaltung nachgedacht werden.

Schönbohm machte für die Haushaltskrise nicht nur die Steuerreform der rot-grünen Bundesregierung verantwortlich, sondern auch die verfehlte Finanzpolitik früherer Stolpe-Regierungen: Ziegler habe zu Recht festgestellt, dass Brandenburg zu lange über seine Verhältnisse gelebt habe. Die Zinslasten der Rekordverschuldung drohten bereits jetzt, Brandenburg zu strangulieren. Sachsen, das eine solide Finanzpolitik betrieben habe, müsse pro Einwohner nur einen halb so großen Betrag für Zinsen aufwenden und gewinne dadurch Spielräume. „Wenn Brandenburg nach der Wende eine solide Finanzpolitik nach sächsischem Vorbild betrieben hätte, könnte es jetzt jährlich rund 400 Millionen Euro mehr ausgeben.“ Trotzdem meinte auch Schönbohm, dass das Land um neue Kredite nicht herumkommen werde.

Zieglers Ankündigung drastischer Sparschritte löste großen Wirbel aus: SPD-Politiker sagten, dass sie mit „ihrer schonungslosen Analyse“ zwar Recht habe, „aber damit bis nach der Bundestagswahl hätte warten sollen“. SPD-Fraktionschef Gunter Fritsch sagte, das Land könne nicht mehr Geld ausgeben, als es habe. Deshalb müsse alles auf den Prüfstand. „Was politisch durchsetzbar ist, muss die Koalition entscheiden.“ Es werde aber Dinge geben, „wo wir nicht rangehen“, sagte er in Anspielung auf die Kita-Standards.

Der innenpolitische Sprecher der CDU, Sven Petke, warnte vor Einschnitten bei der Gemeindefinanzierung. Auch dürfe man die Sicherheit der Bürger nicht durch zusätzliche Einsparungen bei der Polizei aufs Spiel setzen. Auch die Polizeigewerkschaften warnten vor einer Reduzierung „der Standards für die Sicherheit der Bürger“. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft kündigte an, dass sie einen Abbau der Standards für Kitas und Schulen nicht hinnehmen werde. Hingegen begrüßte CDU-Generalsekretär Thomas Lunacek, dass die überfällige Diskussion über künftige Haushaltsprioritäten nun eröffnet sei. Michael Mara

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