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Idyll bald gestört? Die Flugrouten um den neuen Airport in Schönefeld machen sogar den Freunden des Schlosses Sanssouci Sorgen.

© dpa

Schönefeld-Flugrouten: Sorgen über Fluglärm sogar bei Freunden von Sanssouci

Noch ein Problem mit den Flugrouten: Maschinen mit Kurs auf Schönefeld könnten Potsdam in nur 1000 Metern Höhe überqueren und erheblichen Krach verursachen.

Die Tage des genussvollen Flanierens durch den weltberühmten Park Sanssouci oder den Neuen Garten könnten gezählt sein. Denn anders als lange vermutet und erhofft zieht sich der Lärmteppich der auf dem künftigen Großflughafen Schönefeld startenden und landenden Maschinen auch über das Potsdamer Stadtgebiet. Das ergibt sich aus den geplanten Flugrouten.

„Bürgerinitiative Weltkulturerbe Potsdam“ heißt die lokale Protestvereinigung, die sich jetzt immer mehr Gehör verschafft. „Keine Flugrouten über Heilandskirche, Pfaueninsel und Sanssouci“, lautet ihre wichtigste Forderung.

Das von ihr gezeichnete Schreckensszenario kommt nicht von ungefähr: Die Deutsche Flugsicherung (DFS) bestätigte, dass Flugzeuge auf ihrem Weg zur Landung in Schönefeld „Potsdam in einer Höhe von 1000 Metern überqueren könnten“. Das sei allerdings noch nicht sicher, teilte der DFS-Sprecher Axel Raab mit.

Derzeit überfliegen Maschinen mit Kurs auf Tegel und Schönefeld die Landeshauptstadt in 1700 bis 2000 Metern Höhe. Diese fallen jedoch kaum auf, zumal landende Jets generell leiser sind als startende. Der stärkere Betrieb am neuen Airport aber könnte nach Angaben der Flugsicherung gewissermaßen zu einem „Stau am Himmel“ führen, wodurch sich die Flughöhen über Potsdam erheblich verringern. Wie berichtet, ordnen sich die Maschinen im Landeanflug schon spätestens in 18 Kilometern Entfernung im geraden Korridor der Landebahn ein. Bei Hochbetrieb müssen einige Flugzeuge schon früher sinken, also über Potsdam.

Immerhin kommt den Potsdamern und ihren Besuchern statistisch das Wetter zugute. Da im langjährigen Mittel an mehr als zwei von drei Tagen Westwind herrscht und Flugzeuge stets gegen den Wind starten und landen, erfolgt der Landeanflug meist von Osten. Beim Start sind die Maschinen zwar lauter, aber sie steigen vergleichsweise schnell. Wie schnell, ist im Detail unklar: Die bisher veröffentlichten Flugrouten vom und zum künftigen Airport besitzen laut DFS noch Toleranzen: Meist werde höher geflogen als in den Mittelwerten angegeben, teilweise aber auch darunter.

Zugleich wies die Behörde Berichte zurück, wonach ein großer Airbus nach dem Start in nur 1200 Metern Höhe über den Wannsee fliegen würde. Wie berichtet, steigen vor allem schwere Interkontinentalmaschinen – mit Ausnahme des Airbus A 380 – langsamer als kleinere Flugzeuge. Entsprechend groß ist das Gebiet, das sie verlärmen. Dass Landungen insgesamt leiser sind als Starts, ist für die Bürgerinitiative kein Argument: Man befürchte erhebliche „pfeifende Windgeräusche“ landender Maschinen, heißt es.

Gerade in Potsdam spitzt sich die Diskussion um die Flugrouten zu, weil die Stadt genau wie Lichtenrade oder Kleinmachnow, Stahnsdorf und Teltow auf den Karten mit den ursprünglichen Flugrouten gar nicht auftauchte. Daher bemüht sich auch die Stadtverwaltung um Aufklärung. Am kommenden Montag trifft sich die Bürgerinitiative mit der Sozialbeigeordneten Elona Müller, die die Stadt in der Fluglärmkommission vertritt. Diese tagt am 8. November das nächste Mal.

Nicht zum ersten Mal argumentiert eine Bürgerinitiative mit der Gefahr für das Weltkulturerbe: Auch die Gegner des Ausbaus der Havel für große Schiffe fanden zunächst kaum Gehör. Erst als sie den möglichen Einsturz der Heilandskirche in Sacrow durch eine Absenkung des Wasserspiegels prophezeiten, entstand eine Massenbewegung – und die Ausbaupläne verschwanden in der Schublade.

Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) dringt auf ein schnelles Ergebnis der Verhandlungen zwischen der regionalen Fluglärmkommission und der Flugsicherung. Am Freitag meldete Infrastruktur-Staatssekretär Rainer Bretschneider bereits erste Fortschritte. So wollten Berlin und Brandenburg mit der DFS kurzfristig aktuelle Geodaten zur Bevölkerungs- und Siedlungsstruktur abstimmen. „Wir mussten feststellen, dass der DFS nicht alle Veränderungen in der Siedlungsstruktur bekannt waren“, sagte Bretschneider. DFS und Brandenburg hätten außerdem eine bessere Information übers Internet verabredet. So sollen ab kommender Woche auf der DFS-Homepage täglich alle aktuellen Flüge mit Angaben zu Flughöhen und Airlines dargestellt werden. Das Brandenburger Verkehrsministerium will Antworten zu häufigen Fragen online stellen.

Zudem werde sich die DFS bemühen, für die 46 potenziell betroffenen Berliner Bezirke und Brandenburger Kommunen Aussagen zur gegenwärtigen und künftigen Belastung durch Überflüge zu untersetzen. Die Aussagen sollen sowohl für verkehrsreiche Ost- als auch Westwindtage gelten. Schließlich soll es nach jeder Sitzung der Fluglärmkommission ein Treffen mit interessierten Kommunen und Bürgerinitiativen geben, die nicht in dem Gremium vertreten sind. (mit dapd)

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