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Brandenburg: Schönefeld-Kläger lassen nicht locker

Verfahrensrügen vor dem Bundesverwaltungsgericht. Offizieller Spatenstich kann aber stattfinden

Schönefeld - Der erste offizielle Spatenstich für den Ausbau Schönefelds zum Flughafen Berlin-Brandenburg International (BBI) am 5. September wird auch juristisch nicht mehr aufgehalten. Die Anwälte der Ausbaugegner verzichten auf entsprechende Eilanträge. Doch spätestens, wenn der letzte in Diepensee ausharrende Bewohner sein Haus verlassen soll, werde er versuchen, diesen Schritt zu verhindern, kündigte gestern Klägeranwalt Wolfgang Baumann aus Würzburg an. Den Eilantrag bereite er bereits vor. Noch versucht die Flughafengesellschaft, sich mit dem letzten Diepenseer zu einigen.

Auch das große Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ist noch nicht abgeschlossen. Die Anwälte, die zusammen die meisten der rund 4000 Kläger vertreten, haben so genannte Anhörungsrügen eingereicht. Darin werfen sie den Richtern rund zwei Dutzend „schwerwiegende Fehler bei der Ermittlung des Sachverhalts“ vor. Unter anderem habe das Gericht bei der Verhandlung im Februar nicht die neuesten Erkenntnisse der Lärmforschung berücksichtigt. Insgesamt hatte das Gericht in der mündlichen Verhandlung rund 60 Anträge der Klägeranwälte zurückgewiesen – meist mit der Begründung, das vorhandene Material reiche aus. Der gleiche Senat muss nun entscheiden, ob er die Rügen teilt und die Verhandlung zum Teil neu ansetzt.

Daran glauben aber selbst die Anwälte nicht so recht. Sie haben deshalb bereits Verfassungsbeschwerden vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingereicht. Baumann ist überzeugt, dass die höchsten Richter die Beschwerden zulassen und verhandeln werden. Denn noch nie habe sich das Bundesverfassungsgericht mit Fragen zum Luftverkehr beschäftigen müssen.

Als weiteren Schritt hat Baumann beim Bundesverfassungsgericht angeregt, das Verfahren an den Europäischen Gerichtshof abzugeben. Diesen Schritt hätte, so Baumann, bereits das Bundesverwaltungsgericht gehen müssen, um die Umweltverträglichkeit des geplanten Ausbaus prüfen zu lassen.

Aber auch die Richter des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig haben ihre Arbeit aus dem Hauptverfahren noch nicht beendet. Entschieden haben sie im März nur vier Musterklagen, zu denen rund 100 Klagen zusammengefasst waren. Jetzt muss das Gericht bei jeder anderen der rund 4000 Klagen, die bisher ruhten, prüfen, ob die Einwände durch die Musterverfahren erledigt sind. Bei neuen Gesichtspunkten, die nicht behandelt worden waren, muss das Gericht neu entscheiden.

Hierauf setzen vor allem die Kirchengemeinden rund um den Flughafen. Ihrer Ansicht nach ist der Lärmschutz bei Gottesdiensten bisher nicht ausreichend berücksichtigt worden. Im Vordergrund habe bisher vor allem der Schutz von Kindertagesstätten, Schulen und Krankenhäusern gestanden.

Das Bundesverwaltungsgericht hat den Lärmschutz für die Flughafenanwohner verbessert. Die Planfeststellungsbehörde muss hier nachbessern. Ein Gespräch mit den Anwälten findet heute im Infrastrukturministerium in Potsdam statt. Baumann rechnet damit, dass der zusätzliche Lärmschutz „mehrere hundert Millionen Euro“ kosten wird. Noch steht aber gar nicht fest, welche Auflagen es zusätzlich geben wird. Auch gegen diesen Beschluss können Anwohner wiederum klagen. Zu einem Baustopp würde dies aber nicht führen. Die bisherigen Verfahren haben nach Baumanns Angaben rund eine Million Euro gekostet, die die Kläger aufbringen müssen.

„Sturm laufen“ wollen die Klägeranwälte auch bei der Regelung für Nachtflüge. Zwischen 0 Uhr und 5 Uhr hat das Bundesverwaltungsgericht ein Flugverbot erlassen; in der Zeit zwischen 22 Uhr und 24 Uhr sowie von 5 bis 6 Uhr müssen die Fluggesellschaften nachweisen, dass die Flüge anders nicht möglich sind.

Dies werde schwer sein, denn grundsätzlich könnten die Maschinen zu diesen Zeiten auch in Leipzig landen, wo es einen 24-Stunden-Verkehr gebe, so Baumann. Doch auch dagegen läuft eine Klage, die voraussichtlich Ende Oktober entschieden werden wird.

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