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Serie: Naturerlebnis Brandenburg: Der blaue Norden: Mit 5 PS die Hektik hinter sich lassen

Komfortabel und doch abenteuerlich: eine Floßfahrt Richtung Mecklenburger Seenplatte. Das Gebiet im nördlichen Brandenburg lässt sich am Besten vom Wasser aus erkunden.

Spätestens zehn Minuten nach dem Ablegen des Floßes verschwinden alle Landkarten und vorher sorgsam ausgearbeiteten Zeitpläne in der Schublade. „Was soll die ganze Hektik?“, fragt der „Kapitän“ an Bord. „Wir suchen uns gleich mal eine stille Bucht, werfen den Anker und genießen Landschaft und Wetter.“ Die Antwort vom Dach lässt nicht lange auf sich warten. „Prima“, ruft eine weibliche Stimme. „Die Sonne brennt ganz schön. Wir brauchen bald eine Abkühlung.“ Die weiteren Sätze gehen in den Wortmeldungen der männlichen Begleiter unter Deck unter.

Aber auch hier gibt es an der Zustimmung zum Vorschlag, den Ausflug durch die Seenplatte zwischen Brandenburg und Mecklenburg ganz entspannt zu beginnen, keinen Zweifel. Im Handumdrehen bugsiert die Mannschaft das Floß in Ufernähe. Das klappt auf Anhieb ganz gut, obwohl niemand Erfahrungen oder gar einen Bootsführerschein besitzt. Der ist in diesem Revier und angesichts der geringen Motorleistung auch nicht notwendig.

Mithilfe einer langen Stange kommt das Floß vor dem Schilfgürtel zum Stehen. Ratternd fällt die Ankerkette aus einem Holzkasten ins klare Wasser. Die nächsten drei Stunden wird an diesem Platz gebadet, gegessen, gelesen und geübt – den perfekten Kopfsprung vom Dach. Man ist ja unter sich, so dass ein verunglückter Versuch kein Gelächter auslöst.

Das für zwei Tage ausgeliehene Floß hat sich jedenfalls schon nach kurzer Zeit für die sechsköpfige Gruppe als perfekter Begleiter für den Ausflug auf dem Wasser erwiesen. Dabei wollte sich das im Werbeflyer des Bootsverleihers versprochene Gefühl, sich wie Huckleberry Finn und Tom Sawyer zu fühlen, zunächst gar nicht einstellen. Das liegt wohl vor allem am Komfort an Bord des Floßes. Ein 5-PS-Motor treibt die schwimmende Konstruktion aus einem stählernen Unterbau und einer Holzlaube ganz sanft über die Seen und die Kanäle. Das ausgewählte Modell besitzt sogar eine Luxusausstattung, weil der Bootsführer mit unter dem Dach der „Kabine“ sitzt und dort ganz bequem das Steuerrad bewegt. Bei vielen anderen Flößen steht der wichtigste Mann an Bord getrennt von den Mitfahrern ziemlich ungünstig am hinteren Rand. Zur Bequemlichkeit auf dem Gefährt tragen auch die Chemie-Toilette, die Liegestühle auf dem Dach und die vielen Kästen zum Verstauen der mitgebrachten Sachen bei.

Ein etwas größeres Utensil kommt gleich zum Einsatz, obwohl es eigentlich gar nicht ausgepackt werden dürfte. „Grillen auf dem Floß ist nicht erlaubt“, hatte der Verleiher während der zwanzigminütigen Einweisung in das Boot und die wichtigsten Verkehrsregeln erklärt. „Aber fast jeder macht es, zumindest bei schönem Wetter.“

Da das Grillfeuer inmitten von reichlich Wasser entzündet wird, steht auch diesem Vergnügen nichts im Wege. Während ein Pärchen mit dem ständigen Wenden von Fleisch und Würsten beschäftigt ist, widmet sich der Rest der Floßbesatzung der Naturbeobachtung. Gerade Großstadtbewohner greifen immer wieder zum Fernglas, um vorher noch nie gesehene Tiere staunend zu betrachten. Fischadler drehen ihre Runden am blauen Himmel, Reiher stehen wie versteinert am Ufer, und etwas versteckt huscht sogar eine Biberfamilie vorbei. So lauten die begeistert vom Dach verkündeten Entdeckungen. Nach drei Stunden Fahrt kommt schon die Zeit für die Nachtruhe. Dafür verwandeln sich Sitzbänke und der Tisch in eine breite Liegefläche, wobei ein Pärchen doch tatsächlich auf dem Dach schlafen will.

Ganz in der Frühe wird es von der sich aus dem See erhebenden Sonne geweckt. Kurze Zeit später sitzt die Floßbesatzung beim Frühstück zusammen – man will den neuen Tag schließlich nutzen.

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