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Brandenburg: Sicherheit zuerst

ClausDieter Steyer über notwendige Konsequenzen aus dem den Fall Schmökel ANGEMARKT Der Aufwand für einen einzigen Angeklagten dürfte alle bisherigen Maßstäbe sprengen, zumindest in Brandenburg. Das Gerichtsgebäude in Neuruppin gleicht einem Hochsicherheitstrakt mit allen Konsequenzen für Besucher, die sich mehrmals und gründlich kontrollieren lassen müssen.

ClausDieter Steyer über notwendige Konsequenzen aus dem den Fall Schmökel

ANGEMARKT

Der Aufwand für einen einzigen Angeklagten dürfte alle bisherigen Maßstäbe sprengen, zumindest in Brandenburg. Das Gerichtsgebäude in Neuruppin gleicht einem Hochsicherheitstrakt mit allen Konsequenzen für Besucher, die sich mehrmals und gründlich kontrollieren lassen müssen. Der Straftäter sitzt in einer Isolationszelle, die eigens für eingerichtet wurde, in den Gerichtssaal kommt er durch einen Spezialgang, begleitet von mehreren Dutzend Beamten, allesamt kräftige und durchtrainierte Spezialisten. Auch die Bewacher vor der Zelle sind dem 1,92 Meter großen Insassen größenmäßig ebenbürtig. Anders ist dem Schwerverbrecher und Triebtäter Frank Schmökel wohl nicht beizukommen.

Sechsmal ist er in sieben Jahren aus Kliniken oder auf bewachten Freigängen entwischt. Seine letzte Flucht endete für einen Rentner tödlich, drei Personen, darunter seine Mutter, verletzte er lebensgefährlich. Ab morgen muss er sich dafür vor dem Landgericht in Neuruppin verantworten.

Der Fall Schmökel hat in Brandenburg viel in Gang gesetzt. Mit einem gigantischen Bauprogramm von 48 Millionen Euro wurde der gesamte Strafvollzug für psychisch kranke Verbrecher ausgebaut. Bislang konnten in vielen Gebäuden die Gitterstäbe vor den Fenstern einfach zersägt oder gar nur mit Muskelkraft einfach umgebogen werden, heute wird mit Hightech überwacht. Allein 20 Millionen Euro kostete die gerichtspsychiatrische Klinik in Brandenburg/Havel. Ende 2003 wird der neue Maßregelvollzug in Eberswalde fertig, so dass dann die Zahl der Klinikplätze von derzeit 187 auf 250 steigt.

Wenigstens in diesem Punkt hat Brandenburg Konsequenzen aus der Flucht Schmökels vor fast zwei Jahren gezogen. Das Bild, das eine unabhängige Expertenkommission damals über den Maßregelvollzug zeichnete, endete mit dem dem Fazit: „katastrophal“.

Doch hohe Mauern, Panzerglas, Kameras, modernste Therapieplätze und mehr Personal allein genügen den Anforderungen nicht. Noch immer fällt es den Ärzten und Psychologen schwer, die Gratwanderung zwischen der gewiss notwendigen Lockerung des Vollzugs und der Sicherheit der Bevölkerung vor diesen Straftätern zu bestehen. Letztere müsste stets Priorität haben. Fehler können wie im Fall Schmökel verheerende Folgen haben. Wenn Schmökel gar nicht erst die Genehmigung zu einem Besuch bei seiner Mutter erhalten hätte, wäre der Rentner noch am Leben. Die drei zuständigen Mediziner, die die verhängnisvolle Fehlentscheidung für Schmökels Freigang fällten, blieben ohne Gerichtsverfahren. Der Verdacht der fahrlässigen Tötung und der Körperverletzung habe sich nicht erwiesen, lautete die Begründung. Auch der zuständige Minister trat damals nicht von seinem Amt zurück, sondern opferte lediglich seinen Staatssekretär.

Noch beunruhigender wirken aber Meldungen über erneute Ausbrüche von Schwerverbrecher. Zwar sind inzwischen die Gefängnisse sicher, aber auf Freigängen lauert nach wie vor die Gefahr. Erst vor wenigen Wochen machte sich ein verurteilter Vergewaltiger beim Besuch der Hochzeit seiner Schwester aus dem Staub. Er hatte seine Bewacher ausgetrickst und erneut Angst und Schrecken ausgelöst. Schmökel hat zwar auch einen erneuten Fluchtversuch angekündigt. Der dürfte aber angesichts des Aufwandes in Neuruppin hoffentlich von vornherein zum Scheitern verurteilt sein.

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