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Brandenburg: Skandal hinter Gittern?

Frühere Rechtsextremistin soll trotz Vorstrafe Wärterin werden

Von Frank Jansen

Die Schlagzeilen schreien „Justizskandal“ und erschrecken die Leser mit Rufen wie „Nazi-Braut soll Justizbeamtin werden“ und „Nazi-Schlägerin wird Knast-Wärterin“. Für einige Blätter scheint der Fall klar zu sein: Es darf nicht sein, dass eine Frau, die 1992 an einem Anschlag auf ein Asylbewerberheim beteiligt war, heute zur Justizvollzugsobersekretärin – also Gefängniswärterin – ausgebildet wird. Dass eine „Nazi-Braut“ nun Nazi-Schläger bewachen soll. Doch es könnte sein, dass die Boulevardpresse irrt – und sich der Fall Monika S. als eines der seltenen Beispiele gelungener Resozialisierung erweist.

Sommer 1992. Im Osten ziehen junge Rechtsextremisten vor Flüchtlingsheime und randalieren. Die Krawalle in Rostock sind der Höhepunkt. Auch die Asylbewerberunterkunft in Lübbenau ist Angriffsziel. An einer Attacke beteiligt sich Monika S., Mitglied der Neonazi-Organisation „Deutsche Alternative“. Mit zwei anderen Frauen wirft sie in der Nacht zum 24. Juli Brandflaschen auf das Heim, in dem 130 Asylbewerber leben. Der Hausmeister und eine Polizeistreife können das Feuer rechtzeitig löschen.

Im Januar 1993 verurteilt das Kreisgericht Lübben Monika S. zu zweieinhalb Jahren Haft. Ihre Komplizinnen kommen mit Bewährungsstrafen davon. Monika S. verbüßt zwei Drittel ihrer Strafe und wird auf Bewährung entlassen. Während der Haft im Gefängnis Luckau spricht sie mit dem Tagesspiegel. Monika S. sagt hässliche Sätze über Asylbewerber. „Wenn denen was passiert, das stört mich nicht, das sind für mich keine Menschen“ und ähnliches.

Seitdem sind zehn Jahre vergangen. Was hat sich bei S. getan? 2002 erkundigt sie sich, inzwischen Mutter von drei Kindern, bei der SPD, wie man Mitglied wird. Allerdings meldet sich S. dann nicht mehr. In Justizkreisen heißt es, die Frau habe sich in der Ausbildung bewährt. Und sie habe geweint, als jetzt ihre Biographie plötzlich in die Schlagzeilen geraten ist. Dabei hat Monika S. von ihrem Arbeitgeber, dem Justizministerium, nichts zu befürchten. Der Behörde ist die Vergangenheit von Monika S. schon bekannt.

Im April 2002 hat S. ihre Ausbildung begonnen. Warum die Frau ins Gefängnis zurückwill, diesmal als Wärterin, ist unklar. Monika S. war gestern für den Tagesspiegel nicht zu erreichen. Kurze Zeit nach Beginn ihrer Ausbildung hat es Ärger gegeben: Bei einem Praktikum in der JVA Cottbus wird S. von Wärtern wiedererkannt, die einst in Luckau Dienst hatten. Das Brandenburger Justizministerium befasst sich mit dem Fall und kommt zu dem Schluss, dass es keinen Grund gibt, S. zu entlassen. Sie gilt als „engagiert“, wird überprüft und besteht im November einen Persönlichkeitstest.

Es gebe keinen Skandal, sagt Ministeriumssprecherin Petra Marx. Vielmehr handele es sich um einen „gelungenen Fall der Resozialisierung“. Und die Fortsetzung der beruflichen Laufbahn von Monika S. „hängt nicht vom Geschrei der Boulevardpresse ab“.

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