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Brandenburg: So nah – und doch fern der Großstadt

Mit dem Frühling hat die Ausflugssaison wieder begonnen. Vier Orte in der Mark, an denen man den Alltag schnell vergessen kann

SACROWER HEILANDSKIRCHE

Beim Blick vom gegenüberliegenden Havelufer auf die Heilandskirche Sacrow zwischen Potsdam und Kladow wirkt das Gotteshaus wie ein vor Anker gegangenes Schiff. Die Idee dafür hatte Friedrich Wilhelm IV., der Romantiker auf dem Thron. Er beauftragte seinen Stamm-Architekten Ludwig Persius mit der Umsetzung seiner Skizzen. Das Meisterwerk begeistert die Besucher bis heute. Schließlich erscheint der rechteckige Sakralbau wie eine dreischiffige Basilika. Erst beim genauen Hinsehen werden die genialen Ideen des Architekten sichtbar. Auf der Landzunge lässt sich beim Picknick vortrefflich über die Geschichte des Bauwerks sinnieren. Immerhin lag es nach der Grenzziehungen im Niemandsland zwischen Havelufer und Mauer. Soldaten zertrümmerten die Inneneinrichtung. Mitte der achtziger Jahre begann die Sanierung der Außenhülle, unter anderem mit Spenden der Tagesspiegel-Leser. Zwischen 1993 und 1999 erfolgte die Restaurierung auch im Innern. Noch fehlt der Kirche eine Orgel, doch die soll spätestens zum Weihnachtsgottesdienst in diesem Jahr wieder erklingen.

Die schönste Anreise zur Heilandskirche bietet das Potsdamer Wassertaxi, das unter anderem vom Potsdamer Hauptbahnhof und von der Glienicker Brücke nach Sacrow fährt. Inzwischen lädt auch der Schlosspark Sacrow wieder zum Spazieren ein. In der Nähe befindet sich das Restaurant „Zum Sacrower See“.

Die Kirche ist dienstags bis sonntags von 11 bis 18.30 Uhr geöffnet.

BELVEDERE

Die schönste Aussicht auf Potsdam bietet ein wahrhaftig königlicher Platz. Denn Friedrich Wilhelm IV. ließ bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts auf dem Pfingstberg im Norden der Stadt nach eigenen Plänen ein Belvedere errichten. Schon am Fuße dieses gewaltigen Aussichtsschlosses geraten viele Besucher ins Staunen. Denn der Bau weist Anleihen italienischer Vorbilder auf. Der König bestätigte später selbst, dass er sich während einer Romreise habe inspirieren lassen.

Fast zehn Jahre dauerte die 2005 abgeschlossene Restaurierung, nachdem der Bau zu DDR-Zeiten zur Ruine verkommen war. Niemand durfte damals nach oben, da die beiden Aussichtstürme einen Blick auf die Grenzanlagen zum nahen West-Berlin ermöglichten. Schon 1988 begann aber der oppositionelle Pfingstbergverein mit ersten Aufräumarbeiten. Heute können die Ausflügler nicht nur auf Potsdam blicken, sondern auch den Fernsehturm am Alexanderplatz am Horizont ausmachen. Auch der Teufelsberg mit seiner besonderen Bebauung ist nicht zu übersehen. In unmittelbarer Nähe befindet sich der Pomonatempel von 1801, den der damals erst 19-jährige Karl Friedrich Schinkel nach antiken Vorbildern entwarf. Nur fünf Minuten vom Belvedere entfernt liegt das Restaurant „Am Pfingstberg“ mit einer großen Freiterrasse unter alten Linden.

Das Belvedere ist täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet, von Juni bis August bis 20 Uhr. Der Pomonatempel kann an Wochenenden von 15 bis 18 Uhr besichtigt werden. Das Restaurant empfängt seine Gäste von 10 bis 22 Uhr.

SCHLOSS BABELSBERG

Wenn zwei Gartenbaugenies an einem Park nacheinander wirken, muss einfach ein Meisterwerk herauskommen. Beim Park des Schlosses Babelsberg gibt es darüber keinen Zweifel. Denn Peter Joseph Lenné und Hermann Fürst von Pückler-Muskau setzten der prächtigen Landschaft oberhalb der Havel noch die Krone auf: Ein Spaziergang bietet immer neue Aus- und Einblicke, denn vor allem Pückler spielte in seinem englischen Landschaftspark mit Sichtachsen, Terrassen, künstlichen Hügeln und Blumenbeeten. Bänke laden nicht nur zur Rast ein. Die meisten stehen an jenen Positionen, von denen sich die interessantesten Stellen überblicken lassen. Der Flatowturm garantiert eine schöne Aussicht in alle Himmelsrichtungen, wenn auch erst ab Mitte Juni. Noch müssen sich die Ausflügler mit den Ausblicken vom Fuß des Turmes begnügen. Vor allem der Kontrast zwischen dem dunklen Havelwasser und den weißen Segel- und Fahrgastschiffen wirkt sehr beruhigend und lässt das nahe großstädtische Treiben fast vergessen.

Am begehrtesten sind jene Stellen, von denen die Glienicker Brücke beobachtet werden kann. Sie gilt auch als Symbol der deutsch-deutschen Teilung. Sie ging als Brücke des Agentenaustausches zwischen Ost und West in die Geschichte ein. Noch nicht komplett fertig ist die Restaurierung des Babelsberger Schlosses. Aber einige Räume lohnen schon den Besuch. Nach dem Bummel bietet sich zur Stärkung das direkt am Wasser gelegene Restaurant „Das kleine Schloss“ an.

Besucher sind im Schloss Babelsberg dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr willkommen. Der Flatowturm kann vom 15.6. bis 31. 10. an den Wochenenden von 10 bis 18 Uhr bestiegen werden. Das Restaurant „Kleines Schloss“ ist in der Saison dienstags bis donnerstags und sonntags von 10.30 bis 19.00 Uhr sowie freitags und sonnabends bis zum Einbruch der Dunkelheit geöffnet.

SCHLOSS MARQUARDT

„Wir münden in die Dorfstraße ein, zu deren Linken sich ein prächtiger Schlosspark bis an die breite Fläche des Schlänitzsees ausdehnt“ – so schwärmte Theodor Fontane in seinen „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ von der Ankunft im Dorf Marquardt bei Potsdam. Dieser Blick hat sich kaum verändert. Doch im Gegensatz zu Fontanes Zeit, als das Schloss noch bewohnt war, können heutige Besucher durch den verwunschenen Park spazieren, auf dessen Wiesenhügel mit Ausblick auf den Schlänitzsee idyllisch picknicken und abends den Sonnenuntergang genießen. Das aus dem 18. Jahrhundert stammende, mehrfach umgebaute Schloss liegt noch im Dornröschenschlaf und wartet seit der Wende mit verrammelten Türen auf einen neuen Besitzer. Man kann sich aber gut vorstellen, wie prächtig es einst war, als hier der General von Bischoffwerder 1795 einzog und gemeinsam mit dem preußischen König Friedrich Wilhelm II. spiritistische Sitzungen abhielt – in einer „blauen Grotte“ im Park, die heute zugeschüttet ist.

In den späten zwanziger Jahren war das Schloss ein elegantes Kempinski-Hotel, in dem sich die bessere Gesellschaft Berlins auf ihren Landpartien traf. Die einstige Hotel-Terrasse über dem Schlänitzsee ist zwar etwas heruntergekommen, doch es lohnt sich ein Päuschen, bevor man am besten zum Mittagessen in den „Alten Krug“ am Eingang des Schlossparks einkehrt. Wer danach noch ein wenig die Landschaft entdecken will, erreicht binnen 15 Minuten mit dem Auto das einstige Landschlösschen von Königin Luise in Paretz oder im Südwesten die Halbinsel Töplitz mit ihren schönen Spazierwegen, beispielsweise zwischen Alt-Töplitz und dem Dörfchen Göttin.

Marquardt erreicht man von Potsdam aus über Bornim und die Bundesstraße 273. Ab Berlin auch über die Heerstraße Richtung Nauen, dann ein kurzes Stück Autobahn A10 bis zur Abfahrt Marquardt.

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