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SPD-Innenminister: Speer teilt trotz Empörung weiter gegen die Polizei aus

Innenminister Speer bezeichnet die Behörde erneut als ineffizient. Wie sein Vorgänger Schönbohm appelliert er an Beamte, sich fit zu halten.

Potsdam - Er nimmt kein Wort zurück. „Es war ja kein Ausrutscher. Die Debatte ist nötig“, sagt Rainer Speer, SPD-Innenminister in Brandenburg, lapidar. „Ich habe schließlich nicht die Polizisten kritisiert, sondern die Führungsstrukturen und Bedingungen, unter denen sie arbeiten. Und dafür ist Politik verantwortlich.“

Ziel erreicht? Zumindest ist die Aufregung über Speers ersten Auftritt auf dem Delegiertentag der Gewerkschaft der Polizei (GdP) am vergangenen Wochenende groß. Allerdings weniger, weil der Nachfolger von Jörg Schönbohm (CDU) keinen Millimeter von Plänen abrückt, bis 2019 jede vierte der 8900 Stellen bei der Polizei zu streichen. Von einem früheren Finanzminister erwartet das niemand. Sondern vielmehr, weil Speer erklärt hatte, dass die Landespolizei „ein Drittel zu ineffizient“ sei. Und dann hatte er noch eins draufgesetzt, als er einen Protestzug von Polizisten, die als Rentner geschminkt, teils auf Krücken, teils im Rollstuhl auf die Folgen von drohender Überalterung hinwiesen, abkanzelte: „Wer so aussieht, hat etwas falsch gemacht im Leben. Oder zu viel auf Gewerkschaftskongressen gefeiert.“  

Kein Wunder, dass die Gewerkschaft schäumt, Landeschef Andreas Schuster von „Frechheit“ spricht, der Personalrat Brandbriefe verschickt, die CDU Erklärungen verlangt, die FDP indirekt den Rücktritt fordert. „Wenn jemand aus dem Rahmen fällt oder den Anforderungen nicht gerecht wird, dann ist es der Innenminister“, erklärte FDP-Fraktionschef Hans-Peter Goetz. Selbst in der rot-roten Koalition gab es Irritationen. Böser Tadel kam aus der Linke-Fraktion. Speer sei „Mitglied der Regierung“, er „habe dies in seiner Wortwahl zu berücksichtigen“, sagte Christian Görke, der Parlamentarische Geschäftsführer. Seine Äußerungen seien „nicht dienlich“. Selbst eigene Genossen sind nicht glücklich über den Wirbel. Freilich, mit Speer, dem starken Mann hinter SPD-Regierungschef Matthias Platzeck, will sich auch niemand anlegen.

Eigentlich ist alles wie immer. Axel Vogel, der Grünen-Fraktionschef, sprach es aus. „Das ist wieder ein echter Speer. Er hat ein eigenwilliges Auftreten. So war er als Umweltstaatssekretär, als Chef der Staatskanzlei, als Finanzminister.“ Und er erinnerte an Platzecks Standardspruch in solchen Fällen: „So is’ er eben.“

Zu Speer gehört die Provokation. Sich anzubiedern, Leuten nach dem Munde zu reden, war nie seine Sache. Feiner Stil und Diplomatie auch nicht. Wenn Speer etwas für richtig hält, nimmt er kaum Rücksichten. So traf es einmal den früheren SPD-Bundeschef Kurt Beck, als der laut über Steuersenkungen nachgedacht hatte. „Der Beck hat manchmal Aussetzer, da hatte er wieder einen“, sagte Speer damals. Andererseits liegt der Minister oft richtig. Er war der erste, der auf die drohende „Verelendung“ weiter Landesteile hinwies, was nach dem Aufschrei der Empörung eine Debatte über den demografischen Wandel auslöste. Er selbst sagte später dazu: „Es war eine Provokation, sie hat gewirkt.“

Und nun, die „ineffiziente Polizei“? „Was wir mit 9000 Polizisten machen, machen andere Länder mit 6000“, sagt Speer dazu. Es gehe besser, effizienter, auch mit weniger Personal, selbst wenn man Sonderfaktoren eines Flächenlandes berücksichtige. Wenn Brandenburgs Polizei den höchsten Krankenstand Deutschlands mit 32 Tagen pro Beamten habe, seien auch diese selbst gefordert. „Ein Beamter verpflichtet sich mit seinem Eid, sich fit zu halten.“ Mit dieser Mahnung befindet sich Speer in guter Gesellschaft. 1999 gab es schon einmal einen neuen Innenminister, der sich über die mangelnde Kondition dickbäuchiger Polizisten und deren schlampiges Aussehen („Hände in den Taschen“, „ungeputzte Schuhe“) beklagte. Der Mann damals hieß Jörg Schönbohm.

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