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Brandenburg: Staatsanwältin im Zeugenstand

FRANKFURT (ODER) .Toter Punkt oder Wende?

Von Frank Jansen

FRANKFURT (ODER) .Toter Punkt oder Wende? Der Dolgenbrodt-Prozeß ist gestern nachmittag vom Landgericht Frankfurt (Oder) überraschend und ohne Begründung unterbrochen worden.Der Verhandlungstag hatte bereits mit einem Knalleffekt begonnen: Staatsanwältin Petra Marx gab die Anklagevertretung an einen Kollegen ab.Anschließend stellte sie sich als Zeugin der Befragung durch das Gericht und die Verteidiger der fünf Angeklagten.Die Anwälte warfen Marx vor, sie habe sich bei der Ermittlung der Hintergründe des Brandanschlags auf das Asylbewerberheim in Dolgenbrodt zweifelhafter Methoden bedient.

Petra Marx hatte im Januar 1997 den bereits verurteilten Brandstifter Silvio J.sowie drei der jetzt angeklagten Dolgenbrodter zu spektakulären Geständnissen bewegen können.Ohne die hartnäckige Recherche der Staatsanwältin wäre der Prozeß überhaupt nicht zustandegekommen.Möglicherweise ist Marx jedoch bei der damaligen Vernehmung von Silvio J.ein wenig über das Ziel hinausgeschossen: Auf ihren Antrag hin wurde der Brandstifter bei der richterlichen Vernehmung am 16.Januar 1997 vereidigt, obwohl zumindest teilweise ein Vereidigungsverbot bestand.Dieses gilt laut Strafprozeßordnung, wenn ein verurteilter Täter erneut zu seinem Delikt befragt wird.

Letzten Freitag hatte Silvio J.vor dem Landgericht sogar ausgesagt, er habe damals selbst auf das Vereidigungsverbot hingewiesen.Daraufhin wurde die Staatsanwältin als Zeugin geladen.Damit sah sie ihre Möglichkeiten, die Anklage zu vertreten, eingeschränkt - Marx hätte beispielsweise in ihrem Plädoyer die eigene Zeugenaussage nicht verwerten dürfen.Also schied sie gestern aus.Die Frankfurter Staatsanwaltschaft traf der Schritt aber offenbar nicht unvorbereitet: Neben Marx hatte von Beginn an auch Staatsanwalt Michael Neff die Anklage vertreten.Den Platz der Kollegin nahm nun Staatsanwalt Joachim Sörries ein.

Vor allem Robert Unger, der Verteidiger von Blumenhändler Thomas O., nahm Marx unter Beschuß.Auf ihren Antrag hin sei O.als ein Drahtzieher des Anschlags schon am 13.Januar 1997 festgenommen worden.An diesem Tag hatte Silvio J.den Blumenhändler belastet und gegenüber der Staatsanwältin sein Geständnis abgelegt.Wie Marx jetzt als Zeugin aussagte, hatte die Vernehmung von J.jedoch einen anderen Ausgangspunkt: "Ich hatte die tiefe innere Überzeugung, daß weiterer Ermittlungsbedarf hinsichtlich der Hintermänner besteht."

Marx nahm an, im Prozeß gegen den Brandstifter 1995 hätten einige Dolgenbrodter Zeugen gelogen, zum Teil sogar Meineide geschworen.So hatten vier der jetzt fünf angeklagten Männer damals jedes Wissen über die Planung des Brandanschlags abgestritten.Drei der Angeklagten legten aber nach ihrer Festnahme im Januar 1997 Geständnisse ab.Die Verteidiger beschwerten sich nun auch, Marx habe die Freilassung von entsprechenden Aussagen abhängig gemacht.Die Staatsanwältin wies alle Vorwürfe zurück.Der Prozeß wird Freitag fortgesetzt.

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