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Brandenburg: Stallpflicht macht die Gänse fett

Vorsorge gegen Vogelgrippe hat Züchtern kaum Verluste gebracht – auch wegen vieler Ausnahmen

Von Sandra Dassler

Jämlitz - Der Gänsebraten zum Weihnachtsfest könnte in diesem Jahr fetter als sonst ausfallen. Jedenfalls für die Verbraucher, die ihre Gans nicht im Supermarkt, sondern bei jenen einheimischen Erzeugern kaufen, die das Federvieh noch auf konventionelle Weise, also mehr als sechs Monate lang mästen. Verantwortlich dafür ist die Vogelgrippe – oder besser gesagt: die Stallpflicht, die seit 22. Oktober zum Schutz vor der Tierseuche für Hühner, Enten, Zoovögel und eben auch Gänse gilt. „Wir haben zwar eine Ausnahmegenehmigung erhalten, dass sich unsere Gänse im Freien aufhalten dürfen“, sagt Heike Flieger von der Geflügelzucht in Jämlitz. „Aber sie müssen in einem eng begrenzten Bereich in der Nähe des Stalls bleiben und dürfen nicht auf die Weide.“ Damit fehlte den Tieren der Auslauf und sie setzten mehr Fett an. Hinzu kommt, dass die Geflügelbauern das Grünzeug, das die Gänse sonst im Freien fressen, durch anderes Futter ersetzen müssen.

Trotzdem ist Heike Flieger froh darüber, dass der Amtstierarzt des Kreises Spree-Neiße ihrem Betrieb eine Sondergenehmigung erteilt hat. „Wir hätten für unsere 2000 Gänse nicht so schnell einen ausreichend großen Stall bauen können“, erklärt sie: „Der vorhandene war viel zu klein. Gänse gehen normalerweise nur nachts in den Stall, am Tag brauchen sie Auslauf, sonst gehen sie zugrunde.“ Das kann Hans-Ulrich Peters nur bestätigen. Der Landwirt aus Löhme bei Bernau hatte ebenfalls eine Ausnahmegenehmigung für seine 500 Gänse beantragt. Doch die bekam er nur für ein paar Tage. „In dieser Zeit habe ich mit Freunden und Bekannten einen neuen Stall bauen müssen“, sagt er. 10 000 Euro habe der gekostet. Und selbst diese 500 Quadratmeter seien für die Gänse zu wenig. Die würden aufgrund der ungewohnten Enge aggressiv und fielen manchmal übereinander her. So hat Peters schon einige Tiere verloren.

Für die Ausnahmegenehmigungen seien ausschließlich die Veterinärämter der Landkreise und kreisfreien Städte zuständig, sagt Jens-Uwe Schade, der Sprecher des brandenburgischen Landwirtschaftsministeriums. „Die müssen ja dann auch die Mehrarbeit leisten, verstärkte Kontrollen durchführen, Blutproben entnehmen und vieles mehr.“ 160 Ausnahmegenehmigungen von der Stallpflicht seien, so Schade, im Land Brandenburg erteilt worden – die meisten davon für Gänse- und Straußenfarmen und Zoos. „Wir haben damit die Existenz der Betriebe gerettet“, sagt Spree-Neiße-Amtstierarzt Dietmar Vogt. „Natürlich bedeutet das viel Arbeit, meine 14 Angestellten sind sehr viel stärker eingespannt als sonst.“ Dafür seien die Gänse aber auch noch nie so gut überwacht worden. „Wir sind wöchentlich in den Ställen, entnehmen alle 14 Tage Blutproben.“ Auffälligkeiten habe man bisher nicht entdeckt. Und am 15. Dezember, rechtzeitig vor Weihnachten, hat der Stress sowieso ein Ende. Dann endet die Stallpflicht.

Mit den Preisen der polnischen Gänse im Supermarkt können die einheimischen Geflügelhalter allerdings nicht mithalten, sagt Heike Flieger aus Jämlitz. „Die werden innerhalb von acht bis zehn Wochen mit Kraftfutter fett gemästet und nicht wie bei uns sechs Monate lang auf ihr Schlachtgewicht gebracht.“

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