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Stasi-Debatte: Ungeschoren davongekommen

Bei der ersten öffentlichen Veranstaltung zur Stasi-Debatte ging es hoch her. Brandenburgs Innenminister Woidke und die Aufarbeitungsbeauftragte Ulrike Poppe hatten zur öffentlichen Debatte über den vielfach kritisierten laxen Umgang mit Stasi-Leuten und Funktionären in der Landesverwaltung geladen.

Der Kirchenmann Leopold Esselbach fühlte sich 1990 schlicht überfordert von dem, was Brandenburgs Landesregierung noch immer ein ordentliches Verfahren zur Stasi-Überprüfung nennt. Esselbach, damals Generalsuperintendent, saß kurz nach der Wiedervereinigung in der Bischofskonferenz, die die DDR-Volkspolizisten auf Stasi-Mitarbeit überprüfte. Doch was Esselbach und andere am Mittwochabend im Saal des Landesverfassungsgerichtes in Potsdam von damals erzählten, klang keineswegs nach systematischer Arbeit. Genau deshalb muss sich Brandenburgs Innenminister Dietmar Woidke (SPD) seit einigen Wochen mit Beamten aus der Führungsebene herumschlagen, die über Jahre ihre Tätigkeit für die Staatssicherheit verschwiegen haben. Genau deshalb wird die rot-rote Landesregierung die Stasi-Debatte nicht los – und deshalb lud Woidke nun gemeinsam mit Brandenburgs Aufarbeitungsbeauftragter Ulrike Poppe zur öffentlichen Debatte über den vielfach kritisierten laxen Umgang mit Stasi-Leuten und Funktionären in der Landesverwaltung.

Bei den Gästen löste Esselbach Empörung aus. „Die rote Brut habt ihr laufen lassen“, rief einer. Der Kirchenmann sagte: „Wir haben gemerkt, dass es unzureichend war.“ Die Kommission bekam von der Polizeiführung vorsortierte Fragebögen, nur anhand der Selbstauskünfte der Beamten, nicht aber mit Stasi-Akten sollten Esselbach und die anderen Mitglieder über die Zukunft der Polizisten entscheiden. Eine spätere, offenbar laxe Prüfrunde gab es noch im Innenministerium. Gerade bei der Polizei seien in Brandenburg viel mehr Stasi-Mitarbeiter ungeschoren davongekommen als in anderen neuen Bundesländern, sagte der Historiker Christian Booß. „Brandenburg fiel aus dem Rahmen.“ Poppe hat nun, 20 Jahre später, mit der Aufarbeitung viel Arbeit. Das Interesse sei so groß, weil viele Brandenburger empört über „bestimmte personelle Kontinuitäten“ seien. „Die Täter sind bestens integriert, besser als viele vom SED-Regime Verfolgte.“ Poppe widersprach auch SPD-Ministerpräsident Matthias Platzeck, der zuvor im Landtag vor einem „Generalverdacht“ gegen ostdeutsche Behördenmitarbeiter gewarnt hatte. „Da hilft nur, Klarheit zu schaffen“, etwa mit einer Stasi-Überprüfung.

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