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Brandenburg: Storkow: Der viel zu lange Weg zur Bildung

Zu Beginn des vorigen Schuljahres haben sie schon einmal gekämpft - und gewonnen. Jetzt kämpfen sie wieder, doch diesmal sieht es schlecht aus für die Schüler der Gesamtschule in Storkow (Oder-Spree).

Zu Beginn des vorigen Schuljahres haben sie schon einmal gekämpft - und gewonnen. Jetzt kämpfen sie wieder, doch diesmal sieht es schlecht aus für die Schüler der Gesamtschule in Storkow (Oder-Spree). Dabei ist die Ausgangslage wie gehabt: Viele Zehntklässler wollten sich für die Abiturstufe anmelden. Doch es waren nicht genug, um elfte Klassen aufzumachen. Das Potsdamer Bildungsministerium legte den Jugendlichen nah, sich für an Schulen in anderen Orten anzumelden - was die ablehnen mit dem Argument, der Schulweg sei zu lang.

Im vergangenen Jahr, als statt der geforderten 40 nur 39 Schüler antraten, ließ sich das Ministerium durch eine tagelange Schulbesetzung erweichen. "Die 40 waren schon eine Ausnahme", sagt Ministeriumssprecher Martin Gorholt. Von denen hätten sich inzwischen die meisten anderswo beworben, weiß Gorholt. Doch was er als "Einsicht" bezeichnet, nennt Rainer Thiel einen "infamen Nervenkrieg". Thiel ist Sprecher der Elterninitiative, die Mitte September eine Verfassungsbeschwerde plus Eilantrag beim Landesverfassungsgericht eingereicht hat, um die elfte Klasse einzuklagen.

Laut Thiel haben Vertreter von Ministerium und Schulamt etwa bei einer Elternversammlung erst die Presse aus dem Saal geworfen und anschließend den Eltern erklärt, sie sollten das mit der elften Klasse in Storkow vergessen und ihre Kinder schnellstens in Fürstenwalde, Beeskow oder Königs Wusterhausen anmelden, bevor dort die meisten Kurse ausgebucht sind. Doch der dann anfallende stundenlange Schulweg, so die Argumentation der Eltern, verletze die Grundrechte der Schüler, weil er ihr Recht auf Bildung, freie Entfaltung der Persönlichkeit und ihre Würde einschränke. "Der Bus nach Fürstenwalde fährt morgens viertel vor sechs in Storkow los. Schüler aus den umliegenden Gemeinden müssen also noch früher aus dem Haus. Und dann besteht noch die Gefahr, dass deren Busse überfüllt sind oder den Anschluss in Storkow verpassen", sagt Thiel. Ministeriumssprecher Gorholt kontert: "Storkower Verhältnisse wären für Regionen wie die Uckermark das Paradies."

Elternsprecher Thiel weiß von zwei Schülerinnen zu berichten, die nach der zehnten Klasse allein deshalb eine Lehre begonnen haben, weil ihnen der Weg zum Gymnasium zu weit wäre. Die Verfassungsbeschwerde stützt sich auch darauf, dass laut Gesetz besonders Begabte zu fördern sind. Doch während die Storkower darunter "Förderung durch gute Erreichbarkeit" verstehen, stellt das Ministerium klar: "In den unteren Klassen gilt: kurze Wege für kurze Beine. Aber spätestens ab Klasse sieben hat fachliche Qualität Vorrang." Und die sei für die wenigen Schüler, die in Storkow bleiben wollen, nicht zu bezahlen.

Vor wenigen Tagen hat das Landesverfassungsgericht die Beschwerde der Eltern zurückgewiesen. "Erst hätte der Weg über die Verwaltungsgerichte ausgeschöpft werden müssen", heißt es zur Begründung.

Obwohl eine Berufung nicht möglich ist, sieht Thiel "gewisse Möglichkeiten zur Wiederaufnahme des Verfahrens". Entweder noch in den nächsten Tagen, sonst bleibt die Hoffnung aufs nächste Jahr. Dann kommen mehr Storkower Schüler in die elfte Klasse. Angeblich auch deshalb, weil in diesem Jahr mehrere Zehntklässler freiwillig "sitzen geblieben" sind, um später in die Elfte gehen zu können - in Storkow.

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