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Brandenburg: Streit um Garnisonkirche eskaliert

Der Streit um den Wiederaufbau der 1968 gesprengten Potsdamer Garnisonkirche spitzt sich zu. Die Traditionsgemeinschaft Potsdamer Glockenspiel e.

Der Streit um den Wiederaufbau der 1968 gesprengten Potsdamer Garnisonkirche spitzt sich zu. Die Traditionsgemeinschaft Potsdamer Glockenspiel e.V., die seit 1990 bereits 10,3 Millionen Mark (circa 5,3 Millionen Euro) an Spenden sammelte, will nur einen Wiederaufbau in historischer Gestalt und als reiner Sakralbau unterstützen. Das Konzept der evangelischen Kirche zu einem Versöhnungszentrum lehnte der Verein am Dienstag ab. Es komme auch nicht in Frage, statt der einstigen Wetterfahne mit dem Preußenadler das Nagelkreuz von Coventry auf die Turmspitze zu setzen.

Der Vorsitzende des Traditionsvereins, Max Klaar, sagte: "Die Kirche hat ein Konzept vorgelegt, an dem wir nicht beteiligt waren. Ein Versöhnungszentrum würde eher politischen Zielen dienen. Für uns aber ist eine Kirche eine Kirche." Die englische Stadt Coventry war im Zweiten Weltkrieg von der deutschen Luftwaffe zerstört worden; einem britischen Bombenangriff fiel im April 1945 die Garnisonkirche zum Opfer. "Die Spenden wurden unter der Voraussetzung gegeben, dass die Kirche in ihrer historischen äußeren Gestalt wiederersteht", heißt es in der Stellungnahme, die an die Potsdamer Stadtverordneten gerichtet ist. Zudem müsse die dem Traditionsverein nahe stehende "Stiftung Preußisches Kulturerbe" Eigentümerin des Gebäudes werden, wird betont. Die Stadtverordnetenversammlung befasst sich am 23. Januar mit dem Aufbau der Kirche. Eine Zustimmung für das Konzept eines Kirchenzentrums mit dem Coventry-Kreuz als Friedenssymbol gilt als sicher. Die Kosten der Wiedererrichtung der 1968 auf Geheiß von SED-Chef Walter Ulbricht gesprengten Kirche werden auf 20 Millionen Mark geschätzt.

Der Potsdamer Generalsuperintendent Hans-Ulrich Schulze von der Berlin-Brandenburgischen Kirche wollte sich am Dienstagabend noch nicht äußern, weil ihm der Text der Erklärung nicht vorliege. Der Sprecher des Potsdamer Oberbürgermeisters, Wieland Eschenburg, sagte: "So harte Vorbedingungen des Vereins sind ein K.o.-Kriterium für das Kirchenzentrum." Er sei aber überzeugt, dass es zu einer Einigung komme. Das Kirchenkonzept sei so ausgereift, dass es hervorragend als Ausgangspunkt für Gespräche dienen könne.

CDU-Landeschef und Innenminister Jörg Schönbohm mahnte als Schirmherr des Wiederaufbaus nach Angaben seines Sprechers Stephan Goericke alle Beteiligten zur Kompromissbereitschaft. "Das Projekt hat nationale Bedeutung mit internationaler Wirkung. Wir sind zum Erfolg verpflichtet." Auch die renommierte Deutsch-Englische Gesellschaft hatte sich erst unlängst in die Debatte eingeschaltet. Der Vorsitzende Hermann Freiherr von Richthofen hatte im Gespräch mit dem Tagesspiegel die Entscheidung für das Kreuz ausdrücklich begrüßt - und den Streit darüber bedauert.

Die Synode des evangelischen Kirchenkreises Potsdam hatte das Konzept zum Versöhnungszentrum im Oktober gebilligt. Hintergrund war die wechselvolle Geschichte der ab 1731 errichteten Kirche. Die war durch den "Tag von Potsdam" mit der Eröffnung des deutschen Reichstages im März 1933 in Verruf geraten. Der Händedruck von Adolf Hitler und Reichspräsident Paul von Hindenburg vor dem Gebäude gilt als Schulterschluss der Nationalsozialisten mit den konservativen Kräften Deutschlands.

ari

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